Die sogenannte User Experience rückt für Automobilhersteller stärker in den Mittelpunkt. Daimler Financial Services hat daraus Konsequenzen gezogen und im Vorstand die neue Position des Chief Experience Officer (CXO) geschaffen – bislang ist das noch eine recht exotische Jobbezeichnung.
Herr Schell, welche Aufgaben hat ein Chief Experience Officer?
In meiner Rolle als CXO verantworte ich die globale Kunden- und Digitalstrategie bei Daimler Financial Services. Dies reicht von der digitalen Transformation unseres Kerngeschäfts bis hin zur Entwicklung disruptiver Geschäftsmodelle.
Die Entwicklung disruptiver Geschäftsmodelle ist nicht unbedingt das erste, was einem einfällt, wenn man an Finanzierungsdienstleister denkt ...
Wir sind auch kein reiner Finanzdienstleister mehr, obwohl wir mehr als jedes zweite Auto von Daimler finanzieren. Wir entwickeln uns immer weiter hin zu einem integrierten Mobilitätsanbieter. Konkret: Bei Daimler Financial Services sind bereits alle Mobilitätsdienstleistungen von Daimler gebündelt wie car2go, moovel und mytaxi und die Steuerung unserer Beteiligungen, unter anderem an Blacklane und FlixBus. Mit der Integration von kleineren agilen Unternehmen reagieren wir auf die steigende Wettbewerberzahl aus dem Startup- und Fintech-Bereich. Damit stärken wir unsere Position als einer der führenden Mobilitätsdienstleister, mit rund 16 Millionen Kunden weltweit.
Für welche Art von „Experience“, also Erfahrungen oder Erlebnisse, sind Sie zuständig? Welche Art neuer „Erlebnisse“ können Sie den Kunden bieten?
Wir ermöglichen unseren Kunden heute, ihren Versicherungstarif günstiger zu gestalten. Mit unserem auf Telematik basierten Produkt „Inscore“ berechnen wir das individuelle Fahrverhalten mit Hilfe von Satellitendaten. Das daraus abgeleitete Fahr-Profil erlaubt es uns, Tarife abhängig von der Fahrweise entsprechend günstiger anzubieten.
Mit „Dynamic Lease“ bieten wir unseren Kunden zudem die Möglichkeit, ihre Leasingraten individuell an ihre Bedürfnisse anzupassen – selbst während der Vertragslaufzeit. Generell rückt dabei das Smartphone als zentrale Plattform in den Mittelpunkt, da Inscore aber auch Dienste wie car2go, mytaxi und moovel darüber erhältlich sind.
Ein Taxi oder ein car2go einfach auf Knopfdruck – wir nennen das „mobility at your fingertips“. Und wir arbeiten konsequent weiter an unserer Kundenzentrierung: Mit Investments in künstliche Intelligenz und Datenanalyse wollen wir den Kundenwunsch in Zukunft schon vor dem Kunden kennen und ihm weiterhin ein serviceorientiertes Ökosystem bieten, das sämtliche Produkte bequem, sicher, intuitiv und mobil zur Verfügung stellt.
Lässt sich auch die Finanzierung emotionalisieren, die ja für die bislang Kunden eigentlich nur Mittel zum Zweck, also zum Erwerb des emotional aufgeladenen Produkts ist?
Unbedingt. Wir haben mit der Finanzierungs-App „AutoGravity“ in den USA eine Smartphone-basierte Lösung pilotiert, die Kunden binnen Sekunden die besten Finanzierungsangebote unterschiedlicher Banken anbietet. AutoGravity ist dieses Jahr erstmals unter den von KPMG nominierten Top 100 Fintechs weltweit. Als einziges Automotive-FinTech überhaupt. Das Angebot elektrisiert nicht nur die Kunden sondern auch Analysten und Investoren.
Können Sie damit auch Geschäftskunden beeindrucken, für die am Schluss nur zählt, welche Zahl unter dem Strich steht?
Ich bin davon überzeugt, dass Geschäftskunden beim Thema Mobilitäts- und Finanzdienste im Kern auf Ähnliches achten wie Privatpersonen: wie einfach und angenehm macht man es ihnen, ihrem Kerngeschäft nachzugehen. Ein wettbewerbsfähiger Preis ist dabei nur ein Element. Am Ende müssen wir jedes Mal von Neuem in allen Punkten überzeugen: Convenience, Echtzeit-Verfügbarkeit, vom Kunden festgelegte Kommunikationswege sowie Sicherheit und Vertrauen.
Lesen Sie auch:
Kopf an Kopf-Rennen der drei Großen