"Betrachte Situationen von allen Seiten und Du wirst offener". Das ist ein Zitat des Dalai Lama, Friedensnobelpreisträger und religiöses Oberhaupt der Tibeter. An sich ziemlich harmlos, sollte man meinen.
Daimler hat den Spruch in dieser Woche im sozialen Netzwerk Instagram zusammen mit einem Foto eines Mercedes benutzt, den Post wenig später aber wieder gelöscht, weil er von chinesischer Seite scharf kritisiert wurde.
Die kommunistische Führung in Peking wirft dem Dalai Lama vor, die Unabhängigkeit Tibets zu verfolgen und China spalten zu wollen. Er gilt dort als Staatsfeind. Seit 1959 lebt der Dalai Lama deshalb im indischen Exil.
Nur am Rande sei erwähnt, dass Instagram in China wegen der scharfen Internetzensur geblockt ist. Nur sehr wenige Internetnutzer dürften den Post also überhaupt zu Gesicht bekommen haben.
Trotzdem wurde am Donnerstag bekannt, dass Daimler sich angeblich auch in einem Brief an den chinesischen Botschafter in Deutschland für die Verwendung des Zitats entschuldigt hat. Der Konzern bestätigte die Existenz des Briefes, machte aber keine Angaben zu dessen Inhalt.
Laut der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua heißt es in dem Brief unter anderem, Daimler habe nicht die Absicht gehabt, Chinas Souveränität oder territoriale Integrität in Frage zu stellen. Man bedauere den Fehler, der die Menschen in China verletzt habe.
In Deutschland wird Daimlers Vorgehen seither kritisiert. Michael Bran, der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte: "Wenn Rückgratlosigkeit ausgezeichnet werden würde, dann hätten die Mercedes-Manager den ersten Preis für ihr peinliches Verhalten verdient. Der Konzern sollte sich nicht bei der chinesischen Regierung entschuldigen, sondern schleunigst beim Dalai Lama und den Tibetern."
Auch die Menschenrechtsorganisation International Campaign for Tibet bezeichnete die Entschuldigung in einer Mitteilung als einen "beschämenden Kotau vor der Diktatur".