Wer einen Schaden verursacht, haftet auch dafür. Das gilt in den meisten Lebensbereichen, lässt sich aber nicht pauschal auf die Arbeitswelt übertragen. Mitarbeiter müssen nicht uneingeschränkt für Schäden haften, die sie bei der Arbeit verursachen. Umgekehrt müssen aber auch die Betriebe nicht für alles aufkommen, was jemand bei der Arbeit kaputt macht. Wovon das genau abhängt, weiß Thomas G.-E. Müller Arbeitsrechtsexperte, bei dem auf den Mittelstand spezialisierten Beratungsunternehmen Ecovis:
Im Außenverhältnis hafte ein Unternehmen gegenüber seinen Kunden uneingeschränkt für Schäden, die seine Mitarbeiter verursachen. Das sei zivilrechtlich im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Doch im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stelle sich natürlich die Frage, wer für einen Schaden aufkommt. Dass Arbeitnehmer für betrieblich verursachte Schäden uneingeschränkt gerade stehen sollen, dem habe das Bundesarbeitsgericht bereits 2014 eine Absage erteilt. Häufig komme es jedoch zum Streit. „Ob und in welcher Höhe Arbeitnehmer Schäden ersetzen müssen, hängt vom Grad ihres Verschuldens ab“, sagt Arbeitsrechtsexperte Thomas G.-E. Müller. Die Rechtsprechung unterscheide vier Verschuldensgrade: Vorsätzlich, grob fahrlässig, normal fahrlässig und leicht fahrlässig verursachte Schäden.
Grobe Fahrlässigkeit: Sei sie einem Mitarbeiter nachweisbar oder habe er seinen Arbeitgeber gar absichtlich schädigen wollen, was unter Vorsatz falle, dann müsse er für gewöhnlich den von ihm verursachten Schaden vollständig ersetzen. Grob fahrlässig verhalte sich beispielsweise, wer am Steuer wegen Übermüdung einschläft, Kellnereinnahmen in einem unverschlossenen Restaurantwagen zurücklässt, in einen Tunnel fährt, ohne die Durchfahrtshöhe zu beachten, während des Fahrens auf eine Karte sieht oder über eine rote Ampel fährt.
Normale Fahrlässigkeit: Hier müsse der Arbeitnehmer zumindest einen Teil des Schadens ersetzen; in der Regel seien das 50 Prozent. Doch Ecovis-Rechtsanwalt Müller schränkt ein: „Arbeitnehmer haften bei normaler Fahrlässigkeit nicht unbedingt, sofern ihnen die Schadenshöhe nicht zumutbar wäre.“ Die Rechtsprechung berücksichtige hierbei die konkreten Umstände eines Schadensfalls. Etwa, ob eine Arbeit entsprechend gefahrengeneigt ist wie zum Beispiel die eines Berufskraftfahrers oder eines Sprengmeisters, ob eine ohnehin abgeschlossene betriebliche Versicherung den Schaden übernehmen kann, wieviel ein Arbeitnehmer verdient sowie seine Stellung im Betrieb. Decke eine Haftpflichtversicherung den Schaden, dann müsse der Arbeitgeber diesen Versicherungsschutz in seine Abwägung miteinbeziehen. „Eine freiwillig abgeschlossene Haftpflichtversicherung beeinflusst die Haftungshöhe jedoch nicht“, so Müller.
Bei leichter Fahrlässigkeit müsse ein Arbeitnehmer nicht für einen Schaden aufkommen. Dies könne der aus Versehen über die Tastatur des Laptops geschüttete Kaffee sein oder ein Kratzer am Firmenwagen, der beim Einparken entstanden ist.
„Grundsätzlich schützt die Rechtsprechung die Arbeitnehmer vor zu umfangreicher Haftung im Innenverhältnis“, sagt Arbeitsrechtsexperte Müller. Das heiße auch, dass Arbeitgeber diesen Schutz nicht einseitig, etwa mit einem Zusatz im Arbeitsvertrag, ausschließen dürften.
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