Ein Brand beim auf Dämmstoffe spezialisierten westfälischen Automobilzulieferer Adler-Pelzer hat eine komplette Fertigungshalle zerstört. Dort wurden Spritzgußteile für die E-Klasse und C-Klasse von Mercedes gefertigt. Der Zulieferer ist bemüht, die Komponenten an einem anderen Standort vorübergehend zu fertigen und die Belieferung sicherzustellen. Ob und wie weit es zu Lieferengpässen kommen könnte, ist noch unklar. Mercedes selbst prüft die Situation noch.
Immer wieder kommt es vor, dass Unglücksfälle die Produktion gefährden. Nicht selten, sind die Probleme aber hausgemacht, weil sich Autohersteller zu stark auf einen einzigen Zulieferer verlassen (Stichwort: Singlesourcing) oder es dem Konzern gar nicht bewusst ist, wie stark das Unternehmen von einem einzigen Lieferanten oder einer einzigen geographischen Region abhängig ist.
Ein paar Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit machen deutlich, dass die wachsende Angst vor dem Dominoeffekt durchaus begründet ist und das Thema "Lieferkettenmanagement" offenbar noch nicht genug in den Fokus der Hersteller gerückt ist.
Der Fall Prevent:
Es ist der 23. August 2016. Im VW-Stammwerwerk in Wolfsburg stehen die Bänder still. Schon seit drei Tagen und weitere sechs sind geplant. Schuld sind die Zulieferer Car Trim und ES Automobilguss - beide gehören zu Prevent-Gruppe und beide haben beschlossen, Volkswagen nicht länger mit Sitzbezügen und Getriebeteilen zu beliefern, bis der Konzern sich mit ihnen auf Deal geeinigt hat. Es soll um Kosten für ein nicht zustande gekommenes Projekt gehen. Eine Forderung von 58 Millionen Euro steht im Raum. Der Streit endet mit der Zahlung von 10 Millionen Euro. Die Bänder laufen wieder. VW erkauft sich den Frieden teuer. David gegen Goliath oder Erpressung? Fakt ist: Weil ein einziges Glied in der Kette brach, stand eine komplette Produktion still. Die Kosten für VW und die anderen Zulieferer, die ihre Teile pünktlich produziert hatten, aber dann nicht loswurden und teuer zwischenlagern musste: geschätzt über 100 Millionen Euro.
Tsunami überrollt Japan:
11. März 2011: Ein Seebeben erschüttert die Nordostüste Japans. Im Atomkraftwerk Fukushima kommt es nach einem Tsunami zum GAU. Auch ein Werk des Pharma- und Chemiekonzerns Merck muss die Produktion einstellen. Die Folge: Mehreren Automobilherstellern fehlt ein Farbpigment zur Herstellung des Fahrzeuglacks, wieder stockt die Produktion. Der Autobauer Toyota hat in Folge der Reaktorkatastrophe über Monate mit Lieferengpässen zu kämpfen und fällt hinter VW zurück.