Wolfsburg. Die Wirtschaftsjuristen der Kanzlei Gleiss Lutz sollen im Auftrag des VW-Konzerns die Rolle von Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch und weiterer Vorstände im Abgas-Skandal untersuchen. Das berichtet das "Handelsblatt". Pötsch war Finanzvorstand des VW-Konzerns unter Martin Winterkorn in der Zeit, als die Affäre bekannt wurde. Fraglich ist nun bei ihm wie auch bei anderen Vorstandsmitgliedern, was er wann von den Manipulationen wusste. Dabei steht Pötsch nicht nur deshalb im Fokus, weil er inzwischen Chef des Aufsichtsrats ist, sondern auch weil er zuvor Finanzvorstand war und zahlreiche Anleger den Konzern verklagt haben, weil sie sich zu spät informiert fühlen.
VW lässt Pötsch durchleuchten
In der Klageerwiderung hat Volkswagen zugegeben, dass der Vorstand, zu dem auch Pötsch und der damalige Porsche-Chef und heutige Vorstandsvorsitzende Matthias Müller gehörten, bereits vor der Veröffentlichung der Vorwürfe durch die EPA am 18. September 2015 von den Manipulationen wusste. VW habe ein "überwiegendes Geheimhaltungsinteresse" gehabt, man habe geglaubt, mit den US-Behörden eine "konsensuale Lösung" finden zu können.
Im Klartext: Der damalige Finanzvorstand Pötsch wollte sich mit den Behörden auf eine Strafe von 100 Millionen Euro einigen und die Öffentlichkeit sollte nichts erfahren. Da der Aktienkurs nicht beeinflusst worden wäre, wenn alles nach Plan gelaufen wäre, argumentieren die Juristen nun, dass VW auch seine Anleger nicht vorab habe informieren müssen. Die Ad-hoc-Meldung veröffentlichte VW schließlich am 22. September, vier Tage nachdem die EPA an die Öffentlichkeit gegangen war. Zwei der vier Tage waren ein Wochenende.
Pötsch kam im Oktober direkt vom Finanzvorstand an die Spitze des Aufsichtsrats. Er löste den Interimspräsidenten Berthold Huber ab, der seinerseits auf den im April zurückgetretenen Ferdinand Piech gefolgt war. Piech hatte im April einen Machtkampf mit dem damaligen VW-Chef Martin Winterkorn angezettelt und verloren.
Der frühere Finanzvorstand Pötsch ist der Kandidat der Familien Porsche und Piech, die über die Porsche SE die Mehrheit an VW halten. Sollte er über die Affäre stürzen, hätte der Konzern ein großes Problem. Wahrscheinlich käme es zu Streit innerhalb der Familie sowie mit dem anderen Großaktionäre, dem Land Niedersachsen und den bei VW traditionell mächtigen Arbeitnehmern. Das Land und der Betriebsrat sind die treibenden Kräfte hinter der Untersuchung von Pötsch.