München. Das autonome Fahren stellt Versicherungen vor einen radikalen Umbruch: Bis zum Jahr 2035 werden die Unfallzahlen um voraussichtlich 80 Prozent sinken – und mit ihnen die Versicherungsprämien. Bis zu 20 Milliarden US-Dollar, rund 17,5 Milliarden Euro, könnten den Versicherern laut einer Studie des Rückversicherers Swiss Re und des Kartendienstes Here allein bis 2020 entgehen.
Um autonome Autos genauso gut zu versichern wie die konventionellen Fahrzeuge, fordert Volvo von der Versicherungswirtschaft ein neues umstrukturiertes Geschäftsmodell, denn momentan entfallen 42 Prozent aller nicht-lebensbezogenen Prämien auf Kfz-Versicherungen, die damit den größten Einzelanteil weltweit ausmachen."Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf die Versicherungsbranche sind dramatisch. Man darf dabei aber die eigentlichen Gründe nicht vergessen: weniger Unfälle, weniger Verletzte und weniger Verkehrstote. Autonomes Fahren sorgt für einen weiteren Sprung in der automobilen Sicherheit“, sagt Volvo-Chef Hĺkan Samuelsson.Volvo fordert radikales Umdenken von Versicherern
"Die Autohersteller erwarten, dass vollautonome Fahrzeuge, die einen Teil der Fahrt ohne Eingreifen des Fahrers zurücklegen, bereits ab 2021 verfügbar sein werden", sagt Peter Shaw, CEO von Thatcham Research, einer Organisation der britischen Kfz-Versicherer. "Sie werden zweifelsohne die Unfallhäufigkeit deutlich reduzieren. Wir haben dies bereits bei der Einführung des autonomen Notbremssystems beobachtet. Im Jahr 2035 können durch autonom und vernetzt fahrende Autos Unfälle um bis zu 80 Prozent reduziert werden, so eine Einschätzung des NHTSA aus den USA." Sollte sich eine Kollision nicht vermeiden lassen, sinkt zumindest die Aufprallgeschwindigkeit aufgrund der autonomen Fahrtechnik.
Wie viele andere Hersteller entwickelt auch Volvo an der Technik für das autonome Fahren und testet derzeit die eigene Technik in Göteborg, in China und künftig auch in London. Mit "Drive Me London" startet das Unternehmen ab 2017 den größten und ambitioniertesten Praxistest mit selbstfahrenden Autos in Großbritannien. Zunächst sind Privatpersonen in teilautonomen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen unterwegs, 2018 folgen bis zu 100 autonom fahrende Volvo Fahrzeuge. Ähnliche Feldversuche unternimmt Volvo bereits in seinem Heimatland Schweden sowie in China.Aber Volvo-Chef Samuelsson fordert Hilfe von den Behörden und Regierungen der Länder: "Die Automobilbranche schafft dies nicht alleine, wir brauchen die Hilfe der Behörden. Autohersteller müssen mit den Gesetzgebern zusammenarbeiten, um Regeln und Regularien aufzustellen, damit selbstfahrende Fahrzeuge schnellstmöglich auf die Straße rollen."In den USA gehört Volvo bereits zu einer Allianz der Unternehmen Google, Ford, Uber und Lyft. Die fünf Unternehmen haben sich zu einer Lobbygruppe zusammengefunden, um gemeinsam bei der Regierung in Washington für die Belange von selbstfahrenden Autos einzutreten.
Volvo arbeitet parallel zu den Fahrteste in London künftig auch dort mit den Behörden zusammen. Samuelssons Vision ist es nämlich, dass 2020 niemand mehr in einem neuen Volvo verletzt oder getötet wird. "Autonomes Fahren ist ein Schlüsselelement, um dieses Ziel zu erreichen."