Hakan Samuelsson darf eine weitere Auszeichnung in sein Regal stellen: Gerade wurde der Chef der schwedischen Premiummarke zum Energizer des Jahres gewählt. Die Auszeichnung wird von der Wirtschaftszeitung Handelsblatt und dem Energiekonzern General Electric vergeben und würdigt jedes Jahr eine internationale Persönlichkeit, die den energiewirtschaftlichen Dialog im vergangenen Jahr maßgeblich mitgeprägt hat.
Der Volvo-Chef wird damit für seinen Mut belohnt. Denn die Schweden haben angekündigt, ab 2019 nur noch elektrifizierte Fahrzeuge zu verkaufen. Im Interview mit dem Handelsblatt erklärt Samuelsson, warum er darin kein Risiko sieht und wie lange die E-Mobilität brauchen wird, bis sie sich durchsetzt.
"Viele Menschen denken, dass sie Risiken vermeiden, indem sie einfach so weitermachen wie bisher", sagt Samuelsson dem Wirtschaftsblatt. Man fühle sich sicher - "aber so ist es nicht", so der Chef. "Unsere Umstellung auf Elektromobilität ist kein Risiko. Im Gegenteil: Es wäre riskanter, wenn wir weiter Diesel und Benziner bauen würden", findet Samuelsson. "Einfach weitermachen" wäre für ihn kein Lösung gewesen. Dafür zeichne sich ein zu starker Wertewandel ab. "In Zukunft wird es nicht so cool sein, ein Auto mit 1000 PS vor der Garage stehen zu haben", ist er sich sich. "Es wäre verantwortungslos, wenn wir auf diesen Sinneswandel nicht reagieren würden."
Die Schweden galten immer als Marke mit hohem Umweltbewusstsein und viel praktischem Komfort. Lange fuhr Volvo unter dem Label "Underdog" unter "Lieblingsmarke der Oberstudienräte". Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Die Schweden wachsen immer mehr zu einer spürbaren Konkurrenz für Audi, BMW und Mercedes heran. Ihr "Ökotouch", der ihnen anhaftete, zahlt sich in der Dieselkrise aus. Volvo nimmt man das Engagement für saubere Antriebe ab.
Zum Komplettanbieter von der Solaranlage über eine Heimspeicher bis zum E-Auto - wie Elektropionier Tesla es vormacht - will Samuelsson dennoch nicht werden. Noch nicht zumindest. "Das ist ein interessantes Geschäftsmodell", pflichtet der Elektro-Fan den Journalisten bei, doch wenn, würde man das nur mit einem Partner machen wollen. "Und", ergänzt Samuelsson, "unser Fokus liegt auf der Entwicklung und Herstellung qualitativ hochwertiger, moderner Automobile mit elektrifiziertem Antrieb."
Ob Tesla den etablierten Herstellern nicht längst davongefahren sei, wollen die Handelsblatt-Redakteure wissen. Zu einem klaren "Nein", kann sich Samuelsson bei der Antwort wohl nicht durchringen. "Tesla war der Vorreiter", sagt er stattdessen und fügt hinzu, "aber wir haben alle Ideen." Was auch für die Konkurrenten, Audi, BMW und Mercedes gelte. "Das wird ein harter Wettbewerb, von dem die Kunden profitieren werden", sagt Samuelsson voraus. Und lässt dann doch noch durchblicken, warum Tesla die Poleposition abhanden kommen könnte. "Es geht ja nicht nur um den Elektromotor und große Touchscreens. Es gibt auch Federn, Achsen und Karosserien - und da haben wir sehr viel Know-how, das für die Kunden eingesetzt wird und natürlich wichtig ist."
Dass die Wende zum E-Auto an der mangelnden Infrastruktur scheitern könnte, glaubt er indes nicht. "Die Transformation hin zu Elektroautos wird etwa zehn Jahre dauern. Wir haben also noch Zeit, um die Infrastruktur umzustellen", betont Samuelsson. Volvo selbst wolle aber nicht in den Ausbau der Infrastruktur einsteigen. "Das überlassen wir anderen", stellt der Chef klar.
Klar ist für den Chef des Premiumautobauers allerdings: Nicht alle Hersteller werden den Wandel vom Verbrenner zur Elektromobilität schaffen. Das Wirtschaftsblatt zieht den Vergleich zu den Energiekonzernen. "Für RWE und Eon hatte ihre zögerliche Haltung bei der Energiewende dramatische Folgen", sagen die HB-Journalisten, "Die Konzerne waren in ihrer Existenz bedroht. Könnte es für einzelne Autohersteller ähnlich dramatisch werden, wenn sie nicht umsteuern?"
"Absolut", entgegnet der Volvo-Chef. "Diejenigen, die über eine lange Zeit überleben, sind Meister in der Veränderung. Wir sind seit 1927 im Geschäft, und ich bin mir sehr sicher: Wir werden auch unseren 100. Geburtstag in zehn Jahren feiern. Dafür müssen wir uns aber bewegen."
Lesen Sie auch:
XC40 und Volvo Care: Dieses Duo soll bei Volvo für Volumen sorgen
Volvo bleibt Liebling der Autofahrer - Porsche verliert deutlich
Volvo-Chef: E-Autos ab 2019 zum Preis heutiger Diesel
Kommentar zu Volvos elektrischer Wette: Abstellgleis oder Startrampe?
Fünf elektrische Modelle bis 2021: Volvo kündigt E-Autos ab 2019 an
Polestar wird rein elektrischer Power-Ableger: Volvo greift Tesla mit neuer Marke an