Es ist noch gar nicht lange her, im August des vergangenen Jahres, da sprach Karl Krause, Präsident und CEO des Autozulieferers Schlemmer Group, mit der Automobilwoche über die Wichtigkeit einer klaren Ausrichtung auf das Automotive-Geschäft. Das sei ein "wesentlicher Grundstein für unseren Erfolg", sagte Krause: Auf diese Weise wolle man das "globale Wachstum weiter vorantreiben".
Das klang nach Zuversicht. Aber nur ein paar Monate später, im Dezember 2019, haben die Kerngesellschaften der Unternehmensgruppe laut einem Bericht der "Wirtschaftswoche" (WiWo) überraschend Insolvenz angemeldet. Auch der Bayerische Rundfunk berichtete darüber.
"Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit" hätten mehrere Kerngesellschaften am 19. Dezember die entsprechenden Anträge gestellt, heißt es in dem Bericht, der keine Quellen nennt. 500 der weltweit rund 3800 Mitarbeiter könnten davon direkt betroffen sein.
Demnach hat das Amtsgericht München bereits den Sanierungsexperten Hubert Ampferl, Partner der Kanzlei Dr. Beck & Partner, zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Schlemmer hat sich in der Branche einen Namen gemacht mit Kabelschutzlösungen, Fluidleitungen und seit einigen Jahren auch mit Batterieschutzsystemen. Teil der Wachstumsstrategie war es, Kompetenzen im E-Mobility-Segment und der Fahrzeuginfrastruktur auszubauensowie seinenProduktions-Footprint zu optimieren.
Mit weltweit 21 Produktionsstandorten habe Schlemmer 2018 einen Umsatz von rund 290 Millionen Euro erwirtschaftet, davon 227 Millionen Euro im Automotive-Segment, berichtet die "WiWo". Demnach beliefert das Unternehmen Autohersteller in Europa, Asien und den USA.
Auf dem deutschen Heimatmarkt und in Nordamerika soll Schlemmer den Angaben zufolge zunehmend Schwierigkeiten bekommen haben. Bereits im Oktober hatte die Berliner Schlemmer-Tochter Hoppe, die sich auf Hochpräzisionsspritzgussteile für die Automobil- und Elektroindustrie fokussiert, ein Eigenverwaltungsverfahren eingeleitet.
Im Mai 2016 war Schlemmer vom britischen Finanzinvestor 3i übernommen worden. (mer)
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