München. Wissenschaftler des Instituts für Integrierte Produktion Hannover (IPH) wollen einen Algorithmus entwickeln, der die Auftragsreihenfolge entsprechend der schwankenden Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter festlegt: Komplizierte Aufträge sollen dann abgearbeitet werden, wenn die Mitarbeiter besonders konzentriert sind, während einfache Arbeiten in den Leistungstiefs erledigt werden können. Das soll Kosten sparen, für zufriedenere Kunden und gleichzeitig für ausgeglichenere Mitarbeiter sorgen.
Jeder Mensch macht Fehler, betonen die Wissenschaftler – doch für produzierende Unternehmen wird es schnell teuer, wenn Bauteile verkehrt herum in die Maschine eingelegt, schief gebohrt oder ungenau verschweißt werden. Die fehlerhaften Teile müssen nachbearbeitet oder als Ausschuss entsorgt werden. Vermeiden können Unternehmen diese Kosten zumindest teilweise, wenn sie schon bei der Auftragsplanung einkalkulieren, dass ihre Mitarbeiter nicht zu jeder Tageszeit gleich sorgfältig arbeiten.
In dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekt „Qualitätsorientierte Belegungsplanung (QualiBel)“ wollen die Wissenschaftler vom IPH zunächst eine Methode entwickeln, um eine Leistungskurve zu erstellen und herauszufinden, wie die Leistung der Mitarbeiter im Verlauf einer Schicht schwankt. Rückschlüsse auf einzelne Personen sind dabei nur möglich, wenn diese ausdrücklich zustimmen.
Darüber hinaus klassifizieren die Forscher Produktionsaufträge nach ihrer Komplexität und untersuchen, welche Fehlerkosten den Firmen bei falscher Bearbeitung entstehen. Anschließend wollen sie einen Algorithmus entwickeln, der die Auftragsreihenfolge festlegt – und zwar so, dass komplexe, fehleranfällige Aufträge in Leistungshochs und einfache Arbeiten in Leistungstiefs erledigt werden. Das nutze nicht nur dem Unternehmen, sondern auch den Angestellten, die sich dadurch seltener unter- oder überfordert fühlen, betonen die Experten.
Bisher legen Produktionsplaner die Auftragsreihenfolge so fest, dass die Maschinen und Mitarbeiter möglichst gut ausgelastet werden, die Lieferzeiten kurz und die Lagerbestände niedrig sind. „Diese logistischen Zielgrößen werden in dem Algorithmus natürlich weiterhin Beachtung finden“, sagt Philip Rochow vom IPH, der das Forschungsprojekt leitet. „Zusätzlich soll unser Algorithmus aber die Reihenfolge so optimieren, dass möglichst geringe Fehlerkosten entstehen. Dafür kann es manchmal schon ausreichen, zwei aufeinanderfolgende Aufträge zu tauschen.“
Im Forschungsprojekt arbeitet das IPH mit der Industrie zusammen. Zum projektbegleitenden Ausschuss gehören bisher fünf Firmen, drei davon aus dem Werkzeug- und Formenbau. Bei den Projektpartnern wollen die Wissenschaftler zunächst die Leistungsschwankungen der Mitarbeiter erforschen und später ihre Methode zur qualitätsorientierten Belegungsplanung im Praxistest überprüfen. Auch weitere Unternehmen können sich noch am Projekt beteiligen. Informationen dazu sind zu finden unter www.qualibel.de.