Pkw-Nachfrage erreicht bestes Ergebnis seit 2007

Oberhausen. Im März 2016 wurden in Westeuropa nach vorläufigen Veröffentlichungen der jeweiligen nationalen Automobilverbände circa 1,64 Millionen Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Plus von gut fünf Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Damit wurden etwa 80.000 Pkw mehr neu zugelassen als vor einem Jahr. Den stärksten Anteil an diesem Zuwachs hatte Italien mit einem Plus von 28.000 Neuzulassungen, gefolgt mit Großbritannien mit einem Plus von 26.000 Pkw.

Obwohl dieses Jahr Ostern bereits im März lag wurde in Westeuropa das beste Ergebnis seit März 2007 erzielt.

Von den fünf großen Märkten erreichte Italien auch prozentual das stärkste Wachstum im März mit einem Plus von über 17 Prozent und knüpft damit an die äußerst positive Entwicklung der letzten Monate an. Im ersten Quartal wurde mit einem Plus von fast 21 Prozent das beste Ergebnis seit sechs Jahren verzeichnet. Dennoch können die knapp 520.000 Neuzulassungen nicht über ein immer noch niedriges Niveau hinwegtäuschen: Die ersten drei Monate lagen trotz des hohen Wachstums immer noch 26 Prozent unter einem durchschnittlichen Vergleichszeitraum der Vorkrisenjahren 2000 bis 2007. Dies zeigt das noch hohe Potenzial für die Pkw-Nachfrage in diesem und in den nächsten Jahren.

In Spanien konnten die Neuzulassungen das Vorjahresergebnis überraschenderweise nicht ganz erreichen. Allerdings scheint hier der Einfluss der Feiertage und Ferien um Ostern herum sehr stark zu sein. So wird erst mit dem April-Wert eine endgültige Aussage über die tatsächliche Dynamik des spanischen Pkw-Marktes möglich sein. Trotz des niedrigen März-Ergebnisses schloss das erste Quartal mit plus sieben Prozent sehr positiv ab. Die bis Juli laufende Verschrottungsprämie PIVE 8 sorgte für dieses dynamische Wachstum. Ähnlich wie in Italien ist das erreichte Niveau des ersten Quartals noch deutlich, um 22 Prozent, unter dem der Vorkrisenjahre.

In Großbritannien ist die Nachfrage im März um 26.000 Pkw oder 4,3 Prozent gestiegen und erreichte knapp 520.000 Neuzulassungen. Der März ist neben dem September traditionell sehr stark, da dann die Nummernschilder geändert werden und die Nachfrage entsprechend hoch ist. Sowohl im März als auch im ersten Quartal wurden die bisher höchsten Neuzulassungszahlen aller Zeiten beobachtet.

Frankreich verzeichnete mit plus 7,5 Prozent das zweitstärkste prozentuale Wachstum der fünf großen Märkte und trug zum gesamten Plus in Westeuropa 14.700 zusätzliche Neuzulassungen bei. Im Verhältnis zu den März-Werten der Jahre 2000 bis 2007 lag der vergangene Monat sechs Prozent höher.

In Deutschland erreichten die Neuzulassungen aufgrund der geringeren Zahl an Arbeitstagen erwartungsgemäß lediglich knapp das Vorjahresniveau. Das erste Quartal schloss mit plus 4,5 Prozent besser ab als zum Jahresbeginn erwartet wurde und hat nun das Niveau der Vorkrisenjahre 2000 bis 2007 erreicht.

Im März blieb Volkswagen außer in Italien hinter der gesamten Entwicklung der fünf großen Märkte zurück. In den stagnierenden oder leicht rückläufigen Märkten Deutschland und Spanien musste VW Verluste von über sechs Prozent beziehungsweise fast 17 Prozent hinnehmen.

In Frankreich und Großbritannien konnte VW zwar mehr Pkw absetzen als im Vorjahr, die Zuwachsraten lagen aber deutlich unter denen der beiden Gesamtmärkte. Anders dagegen in Italien: Hier stiegen die Zulassungen von VW um über 20 Prozent und somit deutlich stärker als der Gesamtmarkt.

Aussagefähiger als ein Vorjahresvergleich auf Monatsebene ist der Vergleich des durchschnittlichen Marktanteils Januar bis September 2015, also vor der Diskussion um verfälschte Abgaswerte, mit denen der Folgemonate. In Großbritannien sieht man dabei einen inzwischen durchaus anhaltenden signifikanten Rückgang. In Spanien, Frankreich und Deutschland kann man zwar einige Monate beobachten die auf hohem Niveau lagen, der Februar und März allerdings liegen in diesen drei Märkten deutlich unter dem Niveau des ersten dreiviertel Jahres 2015. In Italien hingegen weisen die Marktanteile von VW kaum Schwankungen auf und liegen weiterhin in etwa auf dem Niveau von vor der Diskussion um die Abgaswerte einiger VW-Motoren.

Die Prognose-Risiken aus wirtschaftlichen und politischen Gründen sind für 2016 weiter gegeben, obwohl aktuell eine leichte Beruhigung eingetreten ist. Die militärischen Aktionen der westeuropäischen Länder im Rahmen der IS-Bekämpfung sowie die Bewältigung der Flüchtlingskrise erhöhen den Finanzbedarf der betroffenen Staaten in noch nicht bekanntem Ausmaß. Sollte dies zu einer Steuer- oder Abgabenerhöhung führen, würde sich die Kaufkraft der Verbraucher verringern, was auch die Pkw-Nachfrage betreffen könnte. Darüber hinaus könnte eine Eskalation der Konflikte negative Folgen für das Verbrauchervertrauen und die Konsumbereitschaft haben.

Auch die globale wirtschaftliche Stabilität aufgrund des niedrigen Ölpreises, der massiven Probleme in Russland und durch die Wachstumsschwäche Chinas scheint im Moment in Gefahr. Erste Auswirkungen zeigen sich in den Vertrauensindices der Europäischen Kommission, die im März zwar keine zusätzliche negative Dynamik zeigten, aber auch keinen erneuten Anstieg aufweisen. Insbesondere sehen die Verbraucher die Aussichten für die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung relativ negativ und sie haben verstärkt Angst vor drohender Arbeitslosigkeit. Hinzu kommt, dass die aktuelle Diskussion um die Aufnahme der Flüchtlinge in vielen kontinentalen westeuropäischen Gesellschaften die Menschen polarisiert. Dadurch resultieren zum Teil gravierende Verschiebungen in der Struktur der politischen Parteienlandschaft. Dazu tritt in Großbritannien zunehmend ein möglicher Austritt des Landes aus der EU in das Bewusstsein der Verbraucher. Das Referendum in den Niederlanden und der Erfolg der AfD in Deutschland machen deutlich, dass das EU-kritische Protestpotenzial weiter zunimmt.

Trotz alle vorhandenen Probleme und Risiken werden die Neuzulassungen in Westeuropa auch in diesem Jahr steigen. Die Dynamik einiger großer Märkte und deren Nachholbedarf aus den niedrigen Zulassungen der vergangenen Jahre werden für einen weiteren Anstieg sorgen. In erster Linie trifft dies für Italien und Spanien zu, die noch deutlich unterhalb ihres Vorkrisenniveaus liegen. Zwar läuft in Spanien die Verschrottungsprämie Ende Juli aus, aber die grundlegende Marktdynamik ist sehr hoch. Außerdem haben vergangene Verschrottungsprämien in anderen Ländern gezeigt, dass der negative Effekt nach dem Auslaufen immer geringer ist als ursprünglich angenommen wurde. Die Anbieter werden dann versuchen, diese Effekte zu kompensieren und sollte es bis Mitte des Jahres dort auch endlich zu einer Regierungsbildung kommen, könnten die Neuzulassungen auf circa 1,1 Millionen Pkw ansteigen.

Für Italien werden dieses Jahr 1,8 Millionen Neuzulassungen erwartet, ein Plus von 14,3 Prozent. Trotz dieses Wachstums werden dann die Neuzulassungen noch 23 Prozent unterhalb des Vorkrisenniveaus liegen.

In Deutschland und Frankreich werden die Neuzulassungen dieses Jahr ebenfalls weiter steigen, allerdings mit geringerer Dynamik als vergangenes Jahr, da der Druck aus dem Nachholbedarf wesentlich schwächer ist als in Italien und Spanien.

Hinter Großbritannien und einigen nordeuropäischen Ländern steht insofern ein Fragezeichen, als dass das erreichte Niveau bereits so hoch ist, dass eine Normalisierung oder ein leichter Nachfragerückgang möglich ist.

Aufgrund der sehr guten Ergebnisse der ersten drei Monate wurde die Prognose der Automobilwoche auf 13,74 Millionen Neuzulassungen, ein Plus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr, erhöht. Dabei sind die aktuellen Probleme und Risiken schon dämpfend auf die Nachfrageentwicklung im weiteren Jahresverlauf berücksichtigt worden. Das Potenzial für weiteres Wachstum bei den westeuropäischen Neuzulassungen ist auf jeden Fall gegeben: Selbst die prognostizierten 13,74 Millionen liegen noch sechs Prozent unter den durchschnittlichen Neuzulassungen der Jahre 2000 bis 2007.