Paris. Vor 32 Jahren sei genau hier der erste Corsa gezeigt worden. „Jetzt haben wir in Paris die fünfte Generation des Corsa vorgestellt“, sagt Opel-Chef Karl Thomas Neumann. Damit würde eine Erfolgsgeschichte fortgeschrieben: „In Deutschland ist der Corsa Nummer eins oder zwei in seinem Segment.“ Im Interieur und beim Infotainment sei das Auto dort „wo ich Opel gern hätte“.
Der Optimismus Neumanns scheint von den Zahlen gestützt: Auf 7,33 Prozent sei der Marktanteil von Opel im September gestiegen, freut sich Neumanns Stab. Für den Kompakt-SUV Mocca lägen 300.000 Bestellungen vor. Opel wachse derzeit in 14 europäischen Ländern.
So viel Zuversicht könnte fast ansteckend sein – wären da nicht ein paar dunkle Wolken am Horizont: Der deutsche Automarkt wächst kaum noch. Die vielen Krisen in und um Europa hinterlassen ihre Spuren im Vertrauen der Verbraucher. Die Erholung in Südeuropa kommt – mit Ausnahme von Spanien – nur langsam voran. Ausgerechnet Frankreich, das Gastland der größten europäischen Automesse, zeigt keine Anzeichen von Aufschwung. Die Regierung weigert sich nach wie vor, das festgefahrene Land zu reformieren.
Trotz der vielversprechenden Neuheiten herrscht auf dem Pariser Automobilsalon keine Champagner-Stimmung. Mit Ausnahme des stets optimistischen Neumann finden sich überall Warner und Mahner. Das ökonomische und politische Umfeld macht Sorgen. Nach wie vor vermissen die Chefs der großen Autohersteller industriepolitische Signale aus ihren Hauptstädten oder aus Brüssel. Während aber in Deutschland die schwarz-rote Koalition der Agenda-Reformen teilweise revidiert, wird im EU-Parlament eine weitere Verschärfung der CO2-Grenzwerte für Autobauer diskutiert.
Dabei werden die 95 Gramm, die bis 2012 erreicht werden müssen, teuer genug. Jedes weitere Gramm auf dem Weg zur weltweit schärfsten Verbrauchsnorm koste den Konzern 100 Millionen Euro, gibt VW-Chef Martin Winterkorn zu bedenken. „Die letzten Gramm auf diesem Weg werden die teuersten.“ Das Geld wird Europas größter Autohersteller an anderer Stelle einsparen müssen – bei Zulieferern und Mitarbeitern. „Jetzt wird die neue EU-Kommission gebildet, jetzt müssen wir erklären, dass es für eine weitere Verschärfung zu früh ist“, begründet Winterkorn den Zeitpunkt für seine deutlichen Worte.
Doch für die Industriepolitik, die er anmahnt, fühlen sich immer weniger Politiker zuständig. Sogar in Großbritannien, das nach der großen Bankenkrise seine produzierende Industrie wiederentdeckt zu haben schien, tut sich wenig in dieser Richtung. „In Sonntagsreden werden wir immer sehr gelobt“, sagt Ralf Speth, der Chef von Jaguar Land Rover. Das sei es dann aber auch schon. Die Milliardeninvestitionen in neue Motoren, Modelle, Werke und Arbeitsplätze musste Jaguar Land Rover alleine stemmen, wie die tausenden neuen Arbeitsplätzen in den gebeutelten Midlands.
Auch für die Pläne von Karl Thomas Neumann, künftig die Automobilindustrie in den Handel mit CO2-Zertifikaten einzubeziehen, statt immer schärfere Grenzwerte zu setzen, gibt es politisch keine sichtbare Unterstützung. „95 Gramm zu erreichen wird teuer, sehr teuer. Aber wir werden es schaffen“, sagt Neumann. Dabei kann sich Opel, oder besser, können sich die Opel-Kunden kostspielige Hybridmodelle nicht leisten, mit denen Mercedes-Benz, BMW und Audi in Paris ihre betuchte Kundschaft locken. Doch die Rüsselsheimer halten sich aus gutem Grund zurück: Der Ampera, erstes langstreckentaugliches Elektroauto auf dem europäischen Markt, hat bisher nur wenige Kunden gefunden. „In der Masse ist die Hybridisierung zu teuer“, so Neumann. Einen Hybrid-Corsa wird es also auf absehbare Zeit nicht geben.