Der Wettbewerb um Fachkräfte macht´s möglich: Mittelständler und Konzerne verabschieden sich von patriarchischen Führungsformen. Selbstorganisation, agile Strukturen oder Holokratie sind die neuen Schlagworte. Diesem hat sich die Europace AG verschrieben. Den Grund dafür liefert Vorstand Stefan Kennerknecht. Der Co-CEO sieht „Wissensunternehmungen, in dem die Menschen das Wissen der Organisation halten“, als prädestiniert, um Hierarchien abzuschaffen. Als Teil eines börsennotierten Unternehmens, der Hypoport AG, will der Onlinemarktplatz für Baufinanzierungen und Ratenkredite eines sein: Schneller als die Konkurrenz.
Holokraten verstehen sich als Teil vom Ganzen. Jeder Mitarbeiter nimmt verschiedene Rollen ein und bringt seine Kompetenzen in Kreisen ein. Sie übernehmen Verantwortung und organisieren sich selbst in sogenannten Kreisen. So kann es einen Produktionskreis geben, in dem Kollegen für Entwicklung, Personalplanung, Beschaffung und Lager gemeinsam zuständig sind statt wie bisher in vier unterschiedlichen Abteilungen zu arbeiten. Hinzu kommt, dass jeder Mitarbeiter in mehreren Kreisen arbeitet und dort auch unterschiedliche Verantwortung trägt – je nachdem in welche Rolle er von dem Kreis gewählt wurde.
Allerdings sind Organismen anfällig. Wer mal einen viralen Infekt hatte, weiß, dass schnell der ganze Apparat flach liegt, obwohl nur ein paar Schnupfenviren im System zirkulieren. Kennerknecht sagt: „Jeder im System kann ein mittleres Erdbeben auslösen.“ Das sei ein Risiko, wenn Hierarchien fallen. Aber ein überschaubares. Er selbst habe das im eigenen Haus schon erlebt. Es dauerte nur wenige Tage, bis das System sich danach wieder neu ausgerichtet hat und der Organismus wieder auf die Beine kam. Fast wie bei einer Erkältung.