Herr Bauer, wie läuft es für Seat in Deutschland?
Gut. Dieses Jahr sind wir mit elf Prozent Wachstum unterwegs. Das macht viel Freude.
Sie haben die Eigenzulassungen massiv reduziert. Wie?
Mit gesundem Menschenverstand und Fingerspitzengefühl. Manchmal braucht man taktische Maßnahmen – aber wenn man überreizt, hat man nur noch Nachteile. Der Händler hat dann hohe Kosten, der Kunde ein Fahrzeug mit zusätzlichem Eintrag im Brief und wir die Fahrzeuge im falschen Kanal. Wir sind froh, dass wir den Privatkundenbereich um 54 Prozent gesteigert haben und die Eigenzulassungen um fast ein Drittel reduziert. Wir haben aufgeräumt und achten darauf, dass das auch so bleibt.
Wie sah das Aufräumen aus?
Wir haben uns mit dem Handel zusammengesetzt, und es ist uns gelungen, ein Angebot am Kunden zu machen, statt den taktischen Weg mit seinen Nachteilen zu gehen. Da braucht es auch mal Mut, manchen Blödsinn nicht mehr zu machen.
War der Zeitpunkt dank neuer Modelle günstig?
Ich glaube, jede Marke hat jedes Jahr die Möglichkeit. Der Wille muss da sein.
Macht sich die solidere Politik in der Händlerrendite bemerkbar?
Wir haben schon in der Vergangenheit aufgepasst, dass die Händlerrendite stimmt – vergangenes Jahr waren es 2,2 Prozent –, und auch aktuell wirken die Händler recht zufrieden. Neue Zahlen gibt es am Jahresende. Aber ich denke, man kann sagen, dass die Renditenentwicklung sehr positiv ist.
Wie zufrieden sind Sie mit der Aufstellung des Händlernetzes?
Wir haben ein Ziel von etwa 440 Standorten für Deutschland. Im Moment sind wir knapp unter 400. Wir haben also noch ein paar zu füllen – aber keine Metropolgebiete mehr. Bis Ende nächsten Jahres sollten wir in den Zielhafen einfahren.
Große Konzernmarken-Gruppen haben Seat dazugenommen. Wollen Sie sich stärker in die Konzernwelt integrieren?
Wir suchen den besten Profi vor Ort, den Automann mit Leib und Seele. Daher haben wir ein sehr heterogenes Händlernetz. Wir haben sehr gerne große Konzern-Partner. Gerade in den Großstädten ist das von der Kostenstruktur her gar nicht anders möglich. Wir haben aber auch gerne exklusive Partner – und auch Handelsbetriebe, die von allen möglichen anderen Marken herkommen. Grundsätzlich ist es auch gewollt, bei mehr als 400 Standorten nicht 400 Eigentümer zu haben, sondern vielleicht 200 oder 250.
Wird die Marke bei einem Händler, der auch VW, Audi und Škoda hat, nicht zwischen den Schwestermarken zerrieben?
Diese Gefahr sehe ich gar nicht. Wir unterscheiden uns als Marken, und auch die Kundengruppen unterscheiden sich.
Ihre Modellpalette wächst – sind die Schauräume groß genug?
Wir gehören nicht zu denen, die verlangen, dass da draußen nur noch Paläste mit unendlichen Showroomgrößen entstehen. Nur ein gesunder Händler, der ordentlichen Ertrag generiert, kann dauerhaft für die Marke positiv arbeiten. Es kommt bei uns häufiger vor, dass wir Händler haben, die zu groß planen, als solche, die zu klein planen. Aber so groß, dass man alle Modelle in allen Farben zeigt, können Showrooms heute ohnehin nicht mehr werden.
Wie sieht es im Gebrauchtwagenbereich aus?
Das läuft gut. Wir werden da noch mehr Gas geben und das Thema noch mal mit neuen Strukturen anschieben. Vielleicht noch in diesem Jahr, spätestens 2018. Das geht in etwa in die Richtung „Weltauto by Seat“.
Wie wichtig sind die digitalen Verkaufskanäle für Sie?
Ich glaube, es braucht den stationären Handel – und die Digitalisierung ergänzt das Geschäft. Wenn man sie nur um ihrer selbst willen betreibt, tut man sich keinen Gefallen. Ich übersetze den Begriff gerne mit den Bereichen Loyalisierung und Eroberung. Wenn man sagt, lass uns diese Systeme nutzen, um Kunden loyal zu halten und neue Kunden zu erobern, wird es anfassbar – und die Gespräche mit dem Handel sehr viel vernünftiger.
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