Musk wollte Diess von BMW abwerben

Herbert Diess war sichtlich stolz, als er Elon Musk vor sieben Monaten den neuen ID.3 präsentieren konnte. Am Rande eines Deutschland-Besuchs war der Tesla-Chef zur Testfahrt nach Braunschweig gekommen und Diess postete anschließend ein Selfie mit dem E-Auto-Pionier. Musk lobte das Auto, und Diess strahlte.

Die gegenseitige Wertschätzung besteht offenbar schon länger: 2014 hatte Musk sogar versucht, den damaligen BMW-Entwicklungsvorstand abzuwerben und zu seinem eigenen Nachfolger als CEO von Tesla zu machen. Ein entsprechender Bericht von "Business Insider" wurde der Automobilwoche aus Branchekreisen bestätigt. Es habe bereits ein unterschriftsreifer Vertrag vorgelegen.

Musk, so hieß es, wollte den CEO-Posten an Diess abgeben und sich auf seine Rolle als Chef des Verwaltungsrats (Chairman of the Board) konzentrieren. Damals übte der Tesla-Gründer noch beide Funktionen in Personalunion aus. Doch Diess habe abgelehnt und ging stattdessen 2015 zu VW. Seither treibt er in Wolfsburg die E-Mobilität voran.

Bereits bei BMW gehörte Diess zu den größten Fürsprechern der damals neuen Elektro-Mobilität und des Project i, mit dem sich BMW 2013 ins E-Zeitalter aufbrechen wollte. Schon 2008 hatte er, damals noch als Einkaufsvorstand von BMW, erklärt: "Der Elektro-Antrieb ist eine Kernkompetenz, die wir nicht aus der Hand geben werden." Und als dann 2013 die beiden ersten i-Modell anliefen, sagte der inzwischen zum Entwicklungschef aufgestiegene Manager selbstbewusst: "Der i3 und der i8 sind die Speerspitze, mit der BMW ins neue Zeitalter eintritt."

Damit zog er offenbar bereits die Aufmerksamkeit des aufstrebenden E-Auto-Pioniers Musk auf sich. Offiziell hatte Musk für den Kleinwagen i3 zwar nur ein Lachen übrig: "Ich bin froh zu sehen, dass BMW ein Elektroauto auf den Markt bringt", sagte er nach dem Start des i3 bei der Vorlage seiner eigenen Quartalszahlen. "Das ist cool." Und fügte dann spitz hinzu: "Beim i3 gibt es noch Raum für Verbesserung, und ich hoffe, dass sie es tun." Um dann in eine Lachanfall auszubrechen.

Schon damals hatte Diess ehrgeizige Pläne, die i-Flotte von BMW zügig auszubauen. Doch im Vorstand konnte er sich damit nicht durchsetzen. Nach dem verhaltenen Start des i3 mehrten sich hier die Bedenkenträger. Der bereits fast fertige Entwurf für einen BMW i5 verschwand nach Informationen der Automobilwoche nach Diess' Abschied aus dem BMW-Vorstand dann auch für immer in der Schublade.

Mit dem neuen E-Modell gleichen Namens, das nun 2023 oder 2024 anlaufen soll, hatte der damalige Entwurf allerdings nichts gemein. Statt einer Limousine auf Basis des Fünfer-Verbrenners hatte Diess einen reinen Stromer mit hohem Carbon-Anteil in der Karosserie geplant. Mehrere Prototypen wurden dem Vorstand gezeigt, doch der lehnte immer wieder ab - und beerdigte das Projekt schließlich komplett. Erst bei VW konnte Diess dann seine ehrgeizigen Elektro-Pläne verwirklichen.

Lesen Sie auch:

Börsenwert und Zugang zu Kapital: Diess sorgt sich um Wettbewerbsnachteile gegenüber Tesla

VW-Chef Diess nach Treffen mit Musk: "Es bahnt sich keine Zusammenarbeit an"

EXKLUSIV-Interview mit Tesla-Chef Elon Musk: "Alle wollen den Tesla-Feenstaub"

Aus dem Datencenter:

Entwicklung der reinen E-Mobile in Deutschland Januar 2019 bis März 2021