Das von der Regierung geplante Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll den Betrieben die Einstellung von Mitarbeitern erleichtern. Ecovis-Rechtsanwalt Stefan Haban erläutert die Details des Gesetzentwurfs. Und er erklärt, wie Betriebe heute schon vorgehen können, wenn sie Fachkräfte aus einem Drittstaat einstellen wollen.
Herr Haban, was ist heute schon möglich und was plant die Bundesregierung bei der Einstellung ausländischer Mitarbeiter?
Stefan Haban: Der Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz vom 19. Dezember will gesuchten Arbeitskräften den deutschen Arbeitsmarkt schmackhaft machen. Unternehmen, die Menschen aus Drittstaaten oder Geflüchtete einstellen möchten, könnte das Gesetz mehr Planungssicherheit geben.
Die Regierung will Fachkräfte anlocken. Wen meint sie damit konkret?
Grundsätzlich sind Fachkräfte Personen mit einer kaufmännischen, gewerblichen oder sonstigen Ausbildung. Der Gesetzentwurf zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten soll auch Hochschulabsolventinnen und -absolventen sowie weiteren Personen mit qualifizierter Berufsausbildung den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ebnen.
Was im Gesetzentwurf ist für Betriebe wichtig, die Fachkräfte suchen?
Zum ersten Mal gibt es einen Vorschlag für ein Einwanderungsgesetz für Fachkräfte. Die Regierung bemüht sich, Deutschland für Fachkräfte aus EU-Ländern sowie aus Drittstaaten attraktiver zu machen. Zudem sollen Betriebe Menschen mit Fluchthintergrund beschäftigen können, wenn es ihr Aufenthaltsstatus erlaubt. Der Gesetzgeber will Unternehmern klare Kriterien für den Status von Geduldeten geben. So bekommen Betriebe Planungssicherheit. Sind die Kriterien festgelegt, dann wissen die Betriebe, ob der gerade eingestellte Geflüchtete seine Ausbildung beenden kann und künftig im Betrieb bleibt.
An welchen Stellen kann es schwierig werden?
Bisher fehlt noch eine einheitliche Richtlinie, mit der sich die geforderten Qualifikationen prüfen lassen. Es gibt landes- und bundesweit verschiedene Stellen, die Fragen zur Anerkennung von Berufen prüfen. Somit drohen unterschiedliche Bewertungen von gleichwertigen Sachverhalten. Das wird zu einem erheblichen Verwaltungsmehraufwand führen. Die Prüfungen werden sicherlich auch länger dauern mit vermutlich heute noch nicht geschaffenen Stellen.
Können Unternehmer schon heute Fachkräfte aus Drittstaaten einstellen?
Grundsätzlich geht das heute schon. Die Bluecard ermöglicht einem Hochqualifizierten eines Drittstaats den Aufenthalt zur Erwerbstätigkeit. Für eine Bluecard wird geprüft, ob der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag oder eine Arbeitsstelle in Deutschland bekommt. Zudem wird die Höhe des Gehalts geprüft, ob es sich um einen anerkannten ausländischen Hochschulabschluss handelt oder ob er mit einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbar ist. Oder ob zumindest fünf Jahre Berufserfahrung für eine nachgewiesene vergleichbare Qualifikation vorliegen.
Lassen sich auch heute schon Nicht-Akademiker anstellen?
Neben der Bluecard gibt es die Arbeitsmarktprüfung der Bundesagentur für Arbeit. Sie erfordert die Vorrangprüfung und die Feststellung der Arbeitsbedingungen. Die Vorrangprüfung soll Nachteile für den deutschen Arbeitsmarkt verhindern. Für Arbeitgeber heißt das, dass eine Arbeitserlaubnis von der Ausländerbehörde brauchen, bevor sie Asylbewerber oder Geduldete einstellen können. Sie müssen der Ausländerbehörde eine vollständig ausgefüllte und unterschriebene Stellenbeschreibung vorlegen. Eine Arbeitserlaubnis gibt es erst, wenn niemand arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldet ist, der über die entsprechenden Fähigkeiten für die ausgeschriebene Stelle verfügt. Nur wenn sich kein Bewerber für die offene Stelle findet, bekommt sie ein Asylbewerber oder ein Geduldeter.
Was halten Sie von dem Gesetzentwurf?
Aufgrund des Fachkräftemangels besteht Handlungsbedarf. Es ist es richtig, vorhandene Potenziale zu nutzen. Ich sehe eher Probleme bei der praktischen Umsetzung, wegen der vielen verschiedenen Behörden und Entscheidungsträger. Ob dies dann tatsächlich zu Planungssicherheit führt, wird sich zeigen. Es besteht natürlich immer das Risiko, dass solche gut gemeinten Vorhaben nicht unbedingt den gewünschten Erfolg bringen.
Wann soll das Gesetz in Kraft treten?
Vermutlich Anfang 2020. Allerdings gehen wir davon aus, dass es noch einige Änderungen im parlamentarischen Verfahren geben wird. (gs)
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