Der VW-Aufsichtsrat Stephan Weil muss sich einiges an Vorwürfen anhören aufgrund der hohen Abfindung von Christine Hohmann-Dennhardt. Denn Weil ist zugleich niedersächsischer Ministerpräsident – und Mitglied der SPD, der Partei, die mit dem Versprechen für mehr soziale Gerechtigkeit in den Wahlkampf ziehen will. Der stellvertretende FDP-Fraktionschef im Niedersächsischen Landtag, Jörg Bode, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", er könne verstehen, dass die ehemalige Richterin, die VW als Vorstand für Recht und Integrität von Daimler abgeworben hatte, auf die Erfüllung ihre Vertrages poche. "Nur - warum hat ausgerechnet der sozialdemokratische Ministerpräsident für Niedersachsen dem im Präsidialausschuss des Aufsichtsrats zugestimmt?" Öffentlich schimpften die Sozialdemokraten über unanständig hohe Managergehälter, ihre Vertreter segneten sie aber hinter verschlossenen Türen ab.
Ministerpräsident Weil gerät unter Druck
Björn Thümler, der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag schlug in die gleiche Kerbe: "Die Signale, die von einem Aufsichtsrat in solchen Situationen in die Mitarbeiterschaft und die Öffentlichkeit gesendet werden, sind verheerend." Erst im vergangenen Jahr hatten die hohen Boni, auf die die VW-Vorstandsmitglieder trotz des Abgas-Skandals bestanden hatten, für öffentliche Empörung gesorgt. Vor dem Hintergrund der damaligen "blamablen Vorkommnisse" hätte er sich gewünscht, "dass der Aufsichtsrat etwas sensibler mit derartigen Dingen umgeht", sagte Thümler. Weil will am Mittwoch im Landtag zu dem Thema Stellung nehmen.
In Berlin ist man über die hohe Abfindung und die öffentliche Diskussion darüber nicht glücklich. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat zumindest Zweifel daran, ob die Abfindung in Millionenhöhe nach nur einem Jahr gerechtfertigt ist. Es zeige sich wieder einmal, "dass Vorstandsgehälter in der Privatwirtschaft nicht immer in Zusammenhang mit Leistung stehen", sagte sie.
Thümler bzeichnete es als "bezeichnend" für den Umgang von VW mit dem Skandal, "dass ein eigens zur Aufarbeitung der Abgasaffäre geholtes Vorstandsmitglied aus ungeklärten Gründen das Unternehmen nach gerade mal einem Jahr wieder verlässt". Die Verpflichtung Hohmann-Dennhardts sei offensichtlich ein teures Missverständnis gewesen. Er forderte Aufklärung über die Gründe ihres Abschieds: "Musste sie ihren Hut nehmen, weil sie möglicherweise zu gründlich aufklären wollte?"
Rein rechtlich dürfte an der Abfindung nichts auszusetzen sein, dafür hat Hohmann-Dennhardt im Zweifelsfall selbst gesorgt. Aber "nicht alles, was legal ist, ist auch legitim", sagt Bode. Der Münchner Corporate-Governance-Fachmann Manuel Theisen sagte der FAZ., die vorzeitige Trennung könne diejenigen nicht überraschen, "die die Wagenburg-Mentalität der Familien Porsche und Piech und deren Statthalter in den Gremien kennen". Man habe offenbar angenommen, die Amerikaner allein durch die Verpflichtung der früheren Richterin beruhigen und auf entsprechende Taten verzichten zu können.
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