MAN und Daimler starten zur Lkw-Sternfahrt nach Rotterdam

München/Stuttgart. Der vernetzte Lkw fährt Kolonne. Dabei sind der zweite und dritte Lkw über Sensoren und eine WLAN-artige Verbindung an den ersten angeschlossen. Dieser vernetzte Verbund, Experten nennen es auch Platoon, stellt den Güterverkehr der Zukunft dar, für den in diesen Tagen die europäischen Lkw-Hersteller gemeinsam mit den Ländern und der EU werben. Dazu schicken die sechs Hersteller MAN, Daimler, Scania, Volvo, DAF und Iveco jeweils ein Platoon in Richtung Rotterdam auf die Straße. Am Mittwoch treffen alle sechs Platoons am Rotterdamer Hafen ein.

"Kern des Projekts ist es, die Chancen eines Platooning-Konzepts auszuloten und Kunden, Politik und Gesellschaft dafür zu sensibilisieren, dass Platooning nur Länderübergreifend und Sinn macht", sagte der Nutzfahrzeugchef des Mutterkonzerns Volkswagen, Andreas Renschler, am Montag in München bei MAN, als deren Platoon von zwei Lastwagen auf den Weg nach Rotterdam geschickt wurde.

Die Vorteile des Platoonings sind vor allem das Windschattenfahren der LKW, bei dem der die angehängten Fahrzeuge bis zu zehn Prozent Diesel sparen können. Die Brummis fahren dabei rund 80 Kilometer pro Stunde. Die angehängten Fahrzeuge müssen zudem nicht den vorgeschriebenen Abstand von 50 Metern zum Vorderfahrzeug einhalten, sondern können bis zu 10 Meter auffahren. "Dann tritt auch erst der Windschatteneffekt ein", sagt Renschler.

Zudem können Fahrmanöver in einer Schnelligkeit von bis zu 0,1 Sekunden an die angehängten Laster übertragen werden. Das ist um ein vielfaches schneller als die Reaktionszeit bei Menschen. "Wir kommen mit dieser Technologie der Vision von null Verkehrstoten immer näher", sagt Verkehrsminister Dobrindt, der den Startschuss gab und das MAN-Platoon auf den Weg nach Rotterdam schickte. "90 Prozent der Unfälle auf der Straße werden von Menschen verursacht. Computer, sei es im Lkw oder im Auto, können fast alle diese Fälle vermeiden", so Dobrindt.

Auch Daimler startete an diesem Montag in Stuttgart seinen Lkw-Konvoi. Sie schicken drei aneinander hängende Laster auf den Weg nach Rotterdam, einen mehr als MAN. Warum? "Wir denken, drei sind die optimale Länge", sagt ein Daimler-Sprecher. MAN wiederum sieht gerade die zweier-Kombination als optimal an. "Denkbar sind bis zu zehn Lkw im Verbund", heißt es bei MAN, "aber wir sind der Ansicht, dass erst einmal die gesellschaftliche Akzeptanz für diesen Konvoi da sein soll. Dann kann man auch mehr Lkw aneinander hängen. Technisch möglich ist das alles."

Daimlers Nutzfahrzeugvorstand Wolfgang Berhard erklärte: "Wir sehen Platooning als einen sinnvollen Baustein des integrierten Ansatzes, bei dem alle am Straßengüterverkehr Beteiligten zur CO2- und Kraftstoffreduktion beitragen." Das Unternehmen hatte bereits Ende März auf einer Autobahn bei Düsseldorf einen solchen Konvoi präsentiert. Nach Einschätzung von VW-Nutzfahrzeugchef Andreas Renschler ist die Einführung des Platooning bis 2020 "technisch denkbar und machbar. Entwickelt ist die Technik, jetzt fehlt die Umsetzung in der Politik – und zwar national sowie international."

Diesen Wink hat Verkehrsminister Dobrindt verstanden, denn er sprach sich gleich für seine Initiative der G7-Verkehrsminister aus, mit denen er gemeinsam an einem länderübergreifenden Konzept für mehr automatisierte Fahrzeuge auf den Straßen sorgen will. Das nächste Treffen ist im Herbst in Japan, bei dem wieder kleine Stellschrauben angeglichen werden. Ein weiterer Punkt auf der Agenda von Dobrindt ist der deutschlandweite Breitbandausbau und der Verbreitung des 5G-Netzes, dass die Übertragung von höheren Datenraten möglich macht.

Auch zur Restrukturierung bei MAN äußerte sich Andreas Renschler. "Wir sind voll im Plan und sogar ein bisschen drüber", sagte er vor Journalisten. Er glaubt, dass die Restrukturierung des Konzerns bereits Ende 2016 abgeschlossen sein wird und man die Effekte 2017 dann zu spüren bekommt.

MAN hatte vergangenes Jahr angekündigt, Lkw in Europa nur noch in drei statt in vier Werken bauen zu wollen, wodurch dann bis zu 1800 Stellen wegfielen. Kosten um mehrere hundert Millionen Euro mussten gesenkt werden, um die Gewinnmarge wieder nach oben zu bringen.