IG-Metall: Entwicklung und Werkzeugbau trifft es zuerst

Neben dem Thema Arbeitszeiten will sich die IG Metall in Baden-Württemberg dieses Jahr verstärkt um die Folgen der Umbrüche in der Automobilbranche kümmern. "Mein Eindruck ist, dass die Unternehmen heute besser auf die Veränderungen eingestellt sind als noch vor zwei Jahren", sagte Bezirkschef Roman Zitzelsberger vor Journalisten. Eine Umfrage unter Betriebsräten zeigt aber auch, dass die Verunsicherung nach wie vor groß ist.

So sind rund 70 Prozent der Befragten der Überzeugung, dass neue Trends wie Elektromobilität, autonomes Fahren, Vernetzung und Mobilitätsdienste sehr große oder große Auswirkungen auf den eigenen Standort haben werden. Jeder zweite Betriebsrat erwartet zudem einen Abbau von Jobs, nur jeder zehnte glaubt an einen Stellenzuwachs. Etwa jeder dritte Betriebsrat sieht das eigene Unternehmen nur schlecht auf die Veränderungen rund um das Auto eingestellt, immerhin 20 Prozent gehen davon aus, dass ihr Betrieb sehr gut oder gut eingestellt ist.

Bei der Elektromobilität beobachte man zudem den Trend, die dadurch geschaffene Beschäftigung in neuen Strukturen außerhalb der Unternehmen anzusiedeln. "Da haben wir einen skeptischen Blick drauf und stehen Gewehr bei Fuß", so Zitzelsberger. So komme es darauf an, Beschäftigten im Bereich der konventionellen Antriebe auch Perspektiven bei den Antrieben der Zukunft zu verschaffen. Als Beispiel nannte er die Daimler-Werke in Untertürkheim, wo Motoren und Getriebe für Pkw hergestellt werden, sowie Mannheim und Gaggenau für die Lkw-Sparte. Das Unternehmen insgesamt sei angesichts der Herausforderungen aber "gut aufgestellt".

Der Abschied vom Verbrennungsmotor werde nicht nur in den Motoren- und Getriebewerken der Hersteller und Zulieferer gravierende Folgen haben, sondern auch in Bereichen wie etwa der Entwicklung oder dem Werkzeugmaschinenbau, der in Baden-Württemberg traditionell stark vertreten sei. Wo Komponenten wegfielen, brauche es keine Werkzeuge und auch weniger Entwickler. "Bei den Vorleistungen macht es sich früher bemerkbar", so Zitzelsberger.

Sorgen bereiteten auch die protektionistischen Tendenzen des neuen US-Präsidenten Donald Trump. "Der Freihandel ist positiv für Baden-Württemberg, dieser Trend scheint gestoppt oder zumindest gebremst." Bei den Emissionsvorschriften für Autos komme es darauf an, strenge Anforderungen mit realistischen Szenarien der Umsetzung zu verknüpfen. So gelte es etwa bei der Elektromobilität auch den Energiemix und die Netzinfrastruktur beim Aufbau von Stromtankstellen zu berücksichtigen.

Zitzelsberger sieht angesichts der Umbrüche zwei Szenarien. Die optimistische Variante sei, dass unter dem Strich die Zahl der Arbeitsplätze ungefähr gleich bleibe – weil der Verlust im Bereich konventioneller Antriebe etwa durch neue Stellen bei Mobilitätsdiensten und anderen digitalen Geschäftsmodellen ausgeglichen werden könne. Würden diese neuen Bereiche zugekauft, könnten unter einer pessimistischen Annahme jedoch viele Stellen in der Automobilindustrie wegfallen. "Ich bin aber ein Optimist", so Zitzelsberger.

Die IG Metall in Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr die Zahl ihrer Mitglieder um rund 3000 auf 434.000 steigern können. Es ist das sechste Jahr in Folge mit einem Wachstum und der höchste Stand seit zehn Jahren. Dabei habe sich ausgezahlt, dass die IG Metall etwa gezielt Studierende an den Hochschulen begleite und viele Betriebe neu in die Tarifbindung überführt habe. Bis Ende Februar läuft eine Befragung in über 6000 Betrieben, um die Themen für die kommende Tarifrunde 2018 auszuloten. Ein Schwerpunkt soll dabei Arbeitszeit sein.

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