Hersteller einigen sich auf Schnellladenetz

Was die Automobilwoche bereits vor einigen Wochen berichtete, ist nun offiziell bestätigt. BMW, Daimler, Ford und der Volkswagen-Konzern mit seinen Töchtern Audi und Porsche planen ein Joint Venture, um ein Schnellladenetz entlang europäischer Hauptverkehrsachsen zu errichten, wie die Unternehmen mitteilten. Dabei sollen in einem ersten Schritt von 2017 an rund 400 Ladestationen entstehen, die mit einer Leistung von bis 350 KW ausgestattet sind. Damit können etwa 300 Kilometer Reichweite in deutlich weniger als 20 Minuten geladen werden.

Die Federführung des Projekts liegt bei Porsche. Die Sportwagentochter des Volkswagen-Konzerns will 2019 mit dem Mission E ein rein elektrisches Fahrzeug auf den Markt bringen und pro Jahr 20.000 Einheiten absetzen. "Zwei Dinge sind für uns entscheidend: das schnelle Laden und die richtige Platzierung der Ladestationen", sagt Porsche-Chef Oliver Blume. „Beides zusammen ermöglicht auch in einem Elektrofahrzeug eine Reise wie in jedem Wagen mit Verbrennungsmotor."

Die Hersteller-Initiative ist eines von vielen parallel laufenden Projekten. Unter anderem hatte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) 300 Millionen Euro für den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland bereitgestellt. Die Hälfte davon ist für Schnellladestationen vorgesehen. Damit soll es bis 2020 möglich sein, an Tausenden Ladepunkten in Europa innerhalb von kürzester Strom zu tanken. Die Ladesäulen sind mit dem CCS-System ausgestattet, das inzwischen in Europa zum Standard geworden ist, und stehen Autofahrern aller Marken offen.Weitere Automobilhersteller seien eingeladen, sich an dem Ladenetz zu beteiligen und zu bequemen Ladelösungen beizutragen. Außerdem sei das Joint Venture offen für die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern.

"Die Verfügbarkeit von Schnellladesäulen ermöglicht erstmals Langstrecken-E-Mobilität und wird dazu beitragen, dass sich immer mehr Kunden für ein Elektrofahrzeug entscheiden", so Daimler-Chef Dieter Zetsche. "Wir wollen ein Netz schaffen, mit dem unseren Kunden für das Nachladen auf längeren Fahrten eine Kaffeepause reicht", sagt Audi-Chef Rupert Stadler. Und BMW-Chef Harald Krüger ergänzt: "Das Gemeinschaftsprojekt ist für uns ein weiterer bedeutender Meilenstein, der klar zeigt, dass die Automobilhersteller ihre Kräfte bündeln, um die Elektromobilität weiter voranzubringen." Eine zuverlässige, ultra-schnelle Ladeinfrastruktur sei für Kundenakzeptanz wichtig und habe das Potenzial, elektrisches Fahren auf die Stufe der Massentauglichkeit zu heben, ist Ford-Chef Mark Fields überzeugt. Wie viel die Hersteller für das Ladenetz investieren, ließen sie offen.

Der Grünen-Fraktionsvizechef Oliver Krischer begrüßte die Entscheidung: "Nur so kann es gelingen, in wenigen Jahren ein flächendeckendes Netz von Stromtankstellen aufzubauen, das auch steigender Nachfrage gewachsen ist." Er kritisierte Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Dieser müsse "statt seinem Chaosprojekt Pkw-Maut den Ausbau der E-Ladesäuleninfrastruktur endlich zu seiner Priorität machen". Alles andere schade der Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilbranche. Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut nannte die Bereitschaft der Automobilhersteller zur Etablierung eines Schnellladenetzes einen "erfreulichen und richtigen Schritt." Ein herstellerübergreifendes Netz spare durch Standardisierung nicht nur Kosten, sondern erleichtere auch hersteller- und markenübergreifend die Zugänglichkeit zur Elektromobilität.

Nach Informationen der Automobilwoche ist der Aufbau in Europa nur der erste Schritt. Eine ähnliche Vorgehensweise ist in den USA geplant. Dort sollen rund 290 Ladestationen an den Verkehrsrouten entstehen. Wegen der riesigen Fläche des Landes ist ein eng geknüpftes Netz dort wesentlich schwerer zu erreichen. Ob dabei eine ähnliche Koalition der Hersteller zustande kommt, ist aber noch offen. Notfalls könnte der Volkswagen-Konzern hier auch in Vorleistung gehen.