Gegen vier aktuelle und ehemalige Manager des VW-Konzerns laufen einem Bericht zufolge Ermittlungen. Der Vorwurf: Untreue.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt wegen des Verdachts der Untreue gegen vier Manager des VW-Konzerns. Das berichtete zuerst das Onlineportal juve.de. Es soll sich um "zwei aktuelle Angehörige der höchsten VW-Führungsebene sowie deren Vorgänger" handeln. Nach einem Bericht der "Braunschweiger Zeitung" handelt es sich dabei um Personalvorstand Karlheinz Blessing, Horst Neumann (Blessings Vorgänger), den Personalchef der Marke Volkswagen Martin Rosik und Jochen Schumm (Rosiks Vorgänger).Sie sollen dafür verantwortlich sein, dass Betriebsratschef Bernd Osterloh jahrelang ein möglicherweise zu hohes Gehalt bekommen hat. Das Verfahren soll schon seit einem halben Jahr laufen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig bestätigte lediglich, dass ein Verfahren wegen des Anfangsverdachts der Untreue im Zusammenhang mit der Aufwandsentschädigung für Betriebsratstätigkeit geführt wird.Hat Osterloh über Jahre zu viel Gehalt kassiert?
VW hält die Ermittlungen für unbegründet. Aufgrund der Ermittlungen sei "die Entgeltfindung des Unternehmens für Bernd Osterloh auch durch einen externen juristischen Gutachter überprüft" worden. Dieser sei zu dem Schluss gekommen, dass Osterlohs Gehalt den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes entspreche, heißt es in einem Statement des Herstellers gegenüber der Automobilwoche.
Der Betriebsrat schlägt in die gleiche Kerbe: "Wir sind fest davon überzeugt, dass die bei Volkswagen geltenden Regelungen dem Betriebsverfassungsgesetz entsprechen und dass auch die Eingruppierung unseres Konzernbetriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh durch das Unternehmen korrekt erfolgt ist. Volkswagen hat zur Vergütung von Betriebsratsräten klare Regelungen, die dem Betriebsverfassungsgesetz entsprechen. Diese wurden im Lauf der Jahre mehrfach, auch von externen Experten, überprüft. Wir gehen deshalb davon aus, dass gegenüber der Staatsanwaltschaft überzeugend dargelegt wird, dass die internen Regelungen sowie die konkrete Vergütung rechtskonform sind", betonte ein Sprecher des Konzernbetriebsrats von Volkswagen auf Anfrage der Automobilwoche.
"Bernd Osterloh steht an der Spitze unseres Gesamt- und Konzernbetriebsrats. Er wird vergleichbar zu Bereichsleitern vergütet. Hätte er zuletzt das Angebot, Personalvorstand des Konzerns zu werden, angenommen, wäre seine Vergütung heute um ein Vielfaches höher. Stattdessen hat er sich dafür entschieden, sich weiterhin für die Belegschaften einzusetzen. Gerade in den nächsten Jahren - die für die Beschäftigten von großen Unsicherheiten und Umbrüchen geprägt sind - ist dies wichtig."
Der Münchner Arbeitsrechtler Burkard Goepfert hält es für extrem schwierig, zu ermitteln, ob das Gehalt eines Betriebsrats angemessen ist. Vorsatz könne man aufgrund der schwierigen Rechtslage selbst in Zweifelsfällen nicht unterstellen.
Noch ist unklar, um welche Beträge es genau geht. Schätzungen zufolge verdient Osterloh etwa 250.000 Euro im Jahr. Nach Juve-Informationen soll er aber jedes Jahr mehrere hunderttausend Euro mehr bekommen haben. Im Jahr 2015 war Osterloh als Personalvorstand des Konzerns im Gespräch. Dieser Posten hätte ihm rund 6,5 Millionen Euro jährlich eingebracht. Er lehnte damals ab und sagte, er wolle seine Kollegen während des Diesel-Skandals nicht allein lassen. Stattdessen übernahm Karlheinz Blessing.
Aufgrund der speziellen Situation bei VW, das Unternehmen wurde mit enteignetem Gewerkschaftsvermögen gegründet, hat der Betriebsrat ungewöhnlich viel Einfluss. Zahlreiche Mitarbeiter sind in der IG Metall organisiert, Osterloh sitzt im Aufsichtsrat des Konzern. Wichtige Entscheidungen gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter zu treffen, ist nahezu unmöglich, da diese in der Regel vom Land Niedersachsen unterstützt werden, das wiederum aufgrund des "VW-Gesetzes" ein Vetorecht hat. Osterlohs Wort gilt viel in Wolfsburg, Beobachter bezeichnen ihn manchmal als Co-Manager. Noch zu Zeiten von Vorstandschef Winterkorn überreichte er dem Vorstand einmal eine Liste mit Sparvorschlägen, 2014 nannte er den Auftritt von VW in den USA eine "Katastrophenveranstaltung", zwei Jahre später stritt er sich mit Markenchef Herbert Diess solange um den "Zukunftspakt", bis dieser entnervt seinen Rücktritt anbot.
Die Bezahlung der Betriebsräte von Volkswagen ist nicht zum ersten Mal Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen. Vor zehn Jahren wurde bekannt, dass Betriebsratsmitglieder nicht nur hohe Summen kassiert hatten, sondern sich unter anderem "Lustreisen" auf Unternehmenskosten geleistet hatten. Der damalige Personalvorstand Peter Hartz und Osterlohs Vorgänger Klaus Volkert wurden wegen Untreue verurteilt, Volkert verbüßte eine Gefängnisstrafe.
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