Manche Fragen und Versuchungen im Zusammenhang von Arbeit und Urlaub waren vor einigen Jahrzehnten noch unbekannt: War ein Mitarbeiter erstmal in den Urlaub gefahren, konnte sein Chef ihn in Zeiten vor E-Mail und Handy praktisch nicht mehr erreichen. Heute stellt sich dank Smartphone und elektronischer Post nicht mehr die Frage, ob man den Mitarbeiter erreichen kann, sondern ob er erreichbar sein muss. Diese und andere wichtige arbeitsrechtlichen Fragen zum Thema Urlaub beantwortet Thorsten Walter, der als Fachanwalt für Arbeitsrecht für das Beratungsunternehmen Ecovis tätig ist.
Herr Walter, darf der Arbeitgeber eine einmal gemachte Urlaubszusage zurückziehen?
Nein. Ist ein Urlaub genehmigt, dann gilt das. Schließlich brauchen die Mitarbeiter ihre Erholung.
Kann der Arbeitnehmer den Urlaub verschieben, wenn sein Wunschhotel etwas später deutlich günstiger ist?
Nochmals nein. Auch er ist an die Vereinbarung gebunden, denn der Unternehmer braucht Planungssicherheit. Möchte der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber bereits genehmigte Ferientage streichen oder verlegen, müssen sie eine gemeinsame Vereinbarung treffen.
Was, wenn sich die Auftragslage im Betrieb grundlegend ändert oder mehrere Mitarbeiter gleichzeitig erkranken?
In solch einem Fall kann der Arbeitnehmer zur Urlaubsverlegung verpflichtet werden. Wenn es sein muss, auch mit einer einstweiligen Verfügung. Stimmt der Mitarbeiter zu, kann er den Chef um die Erstattung bereits entstandener Reise- oder Stornierungskosten bitten. Einen gesetzlichen Anspruch auf die Übernahme der Kosten gibt es aber nicht. Zahlen muss der Chef nur dann, wenn er einen Angestellten wegen eines Notfalls aus dem Urlaub zurückbeordert. Allerdings nur für den Mitarbeiter, nicht für mögliche Begleitpersonen. Und: ein kranker Kollege ist kein Grund, da muss der Betrieb schon vor Problemen stehen, die die Existenz bedrohen.
Wie sieht es eigentlich mit der Erreichbarkeit im Urlaub aus?
Wenn es um die schönsten Tage im Jahr geht, steht das Gesetz auf der Seite der Arbeitnehmer. So heißt es im Bundesurlaubsgesetz, dass der zustehende gesetzliche Mindesturlaub von vier Wochen in jedem Fall arbeitsfrei bleiben muss. Für Arbeitnehmer heißt das, dass das Dienst-Handy im Urlaub ausgeschaltet bleiben kann. Anrufe, Kurznachrichten oder E-Mails können sie also getrost ignorieren. Wer kein Dienst-Handy besitzt, muss auch nicht sagen, wie und wo er erreichbar ist.
Gilt das auch für Führungskräfte?
Ja klar, denn gesetzlich ist festgelegt, dass alle Angestellten an ihren Urlaubstagen völlig von der Arbeit entbunden sein müssen. Auch wenn das im Arbeitsvertrag anders geregelt sein sollte, sind solche Klauseln unzulässig. Allerdings gelten diese Regeln nur für den gesetzlichen Mindesturlaub. Für alle weiteren vertraglich gewährten Urlaubstage kann der Arbeitgeber von seinen Angestellten verlangen, dass sie erreichbar sind. Um Streit zu vermeiden, ist es am besten, vorab gemeinsam zu klären, ob es sich um Tage aus dem Kontingent des gesetzlichen Mindesturlaubs handelt oder über vertraglich vereinbarte Ferientage.
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