„Sehr geehrte Damen und Herrn, ihr Flug auf Höhe Null ist nun am Parkplatz P1 breit zum Boarding“. Es fehlen zwar das Drehkreuz am Eingang und drinnen die Stewardess, doch näher ans Fliegen als im neuen Lexus LM kann man auf der Straße kaum kommen. Denn wenn die Japaner in diesen Tagen zu Preisen ab 122.700 Euro ihre luxuriöse Großraumlimousine erstmals auch nach Europa holen, verspricht die einen First-Class-Flug auf der Straße. Damit sticht der Lexus nicht nur Limousinen von Maybach & Co aus, sondern stempelt vor allem deutsche Konkurrenten wie den VW T7 oder die Mercedes V-Klasse zu dem, was sie tatsächlich sind: Lieferwagen in Lack und Leder, die im Vergleich zum Lexus kaum mehr Luxus bieten als ein Mallorca-Bomber von Ryan Air. Und der Lexus kommt nicht alleine: Sondern in Asien, vor allem in China längst gang und gäbe, lassen in seinem Windschatten bereits ein paar andere Spaceshuttle die Turbinen warm laufen: BYD-Tochter Denza zum Beispiel bereitet den Export des D9 vor und Volvo baut auf einer Geely-Plattform als ersten Van in der Firmengeschichte den EM90. Doch während die alle noch auf ihre Startfreigabe in Europa warten, steht der Lexus jetzt dann tatsächlich bei den Händlern.
Mag dessen Basisversion mit zwei Captain Chairs in der zweiten und einer Dreier-Bank in der dritten Reihe noch den alt hergebrachten Vorstellungen vom Luxusbus entsprechen, werden diese im Viersitzer für 25.000 Euro mehr gesprengt. Ja, der kostet dann stolze 147.100 Euro und wird damit zum teuersten Lexus im Programm. Doch erstens ist ein First-Class-Ticket auch kein Schnäppchen, und zweitens bietet er dafür ein Erlebnis, das so bislang kein anderes Auto bietet. Denn Lexus zieht dann nicht nur eine Trennwand ein und spannt unter die versenkbare Scheibe, die sich auf Knopfdruck eintrübt, einen Bildschirm von unerreichten 48 Zoll samt kinotauglichem Soundsystem. Sondern die Japaner schmeißen zudem hinten alles raus, was Raum kosten würde und montieren stattdessen nur noch zwei Sessel, die feudaler kaum sein könnten.
Wie ein Flug in der Ersten Klasse
Der neue Lexus LM bietet einen Komfort, mit dem selbst Luxuslimousinen nicht mithalten können. Gegenüber Modellen wie VW Multivan oder Mercedes V-Klasse hat er dabei einen wichtigen Vorteil.

Mit 48 Zoll bietet Lexus einen der größten Bildschirme in einem Auto.
Auf Knopfdruck in eine bequeme Liegeposition gesurrt, dämmert man von einem elektronischen Klimaconcierge umsorgt und Druckkissen sanft massiert in den weichen Polstern seinem Ziel entgegen und lässt die Welt da draußen ganz weit entfernt vorbeiziehen, während einen das Fahrwerk auf Wolken bettet und die aktive Schallunterdrückung in Watte packt. Durch die Dachfenster grüßen die Skyline oder der Sternenhimmel, bis auf Knopfdruck ringsum die Jalousien schließen, die Ambientebeleuchtung das Nachtlicht entfacht und man sich aus dem gekühlten Barfach schnell noch einen Schlummertrunk greift. Spätestens dann allerdings vermisst man wieder die Stewardess, schließlich die ist die Beinfreiheit bei drei Metern Radstand so groß, dass man sich zum Kühlschrank unter der Trennwand unangenehm weit recken muss.
Kurz bevor einem die Augen zufallen, denkt man noch mal schnell an Überflüssigkeiten wie den Schreibtisch in der Armlehne, die vielen Staufächer und Ladeanschlüsse hinter den Konsolen in der Seitenwand oder die riesigen Regenschirme, die samt Ablauf im Einstiegsbereich montiert sind - bin ich noch wach oder ist das schon ein Traum?

Von außen wirkt der Lexus LM nicht sonderlich elegant. Aber dafür gibt es jede Menge Platz im Innenraum.
Aber es sind nicht nur Ambiente und Ausstattung, die den Lexus LM zum ultimativen Van der Wohlhabenden machen. Und erst recht nicht das ganze Lametta, mit dem sie den Van zum Blingbling-Bus mit Monstergrill gemacht haben. Sondern es ist vor allem das Fahrgefühl. Denn anders als die schnöde Konkurrenz nutzt dieses Space Shuttle im Smoking eben keine Nutzfahrzeug-Architektur, sondern teilt sich die Plattform mit den großen Lexus-Geländewagen - adaptives Fahrwerk und variabler Allrad inklusive. Deshalb ist er steifer und solider als V-Klasse & Co, federt vornehmer und rollt ruhiger.
Während man hinten wie in der First Class schwelgt und die Erinnerung ans Busfahren vom wolkenweichen Komfort getilgt wird, sieht die Sache in der ersten Reihe ein bisschen anders aus. Ja, auch vorn gibt es Lack und Leder satt, Massagesitze und einen Klima-Concierge. Das Cockpit ist digital, die Screens sind riesig und das Heer an Assistenten überschlägt auch fast vor Diensteifer wie eine aufdringliche Purserin bei der Lufthansa.

Vorn geht es weniger feudal zu. Hier sitzt im Lexus LM in der Regel das Personal.
Doch wer Luxus über Leistung definiert und adäquat zum Wohnraum auch auf Hubraum hofft, der wird von Lexus bitter enttäuscht: Fahren ist hier was fürs Personal und dem muss ein schnöder Vierzylinder mit 2,5 Litern reichen, der zudem wie fast immer bei den Japanern ausgelegt ist. Damit steigt zwar die Systemleistung auf 250 PS, aber vor allem bringt das zumindest in Stadtverkehr noch mehr Ruhe beim Reisen. Denn zumindest ein paar Kilometer surrt der LM damit rein elektrisch und aus dem Düsenjet wird ein gigantischer Segelflieger. Arbeiten die Motoren im Team, müht sich das Dickschiff redlich um Vortrieb, beschleunigt mit bis zu 239 Nm in 8,7 Sekunden auf Tempo 100 und schafft im Reiseflug bis zu 190 km/h. Doch weder lässt sich die Länge von 5,13 Metern noch das Gewicht von 2,5 Tonnen leugnen und vor allem auf der Autobahn sehnt sich der Fahrer nach dem Autopiloten, den seine Kollegen in der Luft auf der Langstrecke aktivieren können. Und falls der Fahrer doch mal kurz glauben sollte, er habe hier was zu melden, holen ihn die Fahrprofile wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Denn im LM gibt es nicht nur ein System für besonders sanfte Stopps, damit der Champagner nicht aus den Kelchen perlt, sondern neben den üblichen Programmen auch eines, das dem Komfort in der zweiten Reihe die erste Priorität einräumt.
Zwar wissen sie auch bei Lexus, dass diese Fahrzeuggattung vor allem in Asien hoch im Kurs steht und solche Luxusbusse in Schanghai, Seoul oder Tokio mittlerweile beliebter sind als die alt hergebrachten Limousinen, weil Platz und Privatsphäre dort ein rares Gut sind. Doch sind sie um so überraschter vom Echo in Europa: Statt ursprünglich nur mit ein paar hundert Einheiten zu planen, haben sie das Verkaufsziel für 2024 mittlerweile glatt verdoppelt und wollen mindestens 1000 Autos verkaufen.
Aus dem Datencenter:

Das adaptive Fahrwerk sorgt für sehr guten Komfort.