Im Club der Umsatzmilliardäre des neuen Top-100-Rankings fehlt in diesem Jahr ein wichtiger Name: die Emil-Frey-Gruppe. Warum die bisherige Nummer eins (nach Umsatz) nicht mehr im Ranking vertreten sein will, darüber lässt sich nur spekulieren. Den Spitzenplatz hätten die Stuttgarter auch dieses Mal innegehabt – getrieben durch den Zukauf von vier deutschen Mercedes-Benz-Niederlassungen. Auch international ist die Emil-Frey-Gruppe derzeit expansiv unterwegs. So werden 275 Standorte der Porsche Holding Salzburg unter das Dach der Schweizer schlüpfen.
Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft (IFA), das erneut die Daten für das Top-100-Ranking erhoben hat, sieht bei den großen Gruppen einen klaren Trend: "Nach der Händlerkonsolidierung kommt nun die Standortkonsolidierung." Beobachten lässt sich das beispielsweise in Oberfranken, wo die Motor-Nützel-Gruppe im Herbst 2016 das Automobil-Zentrum Hof in Betrieb nahm – ein 20-Millionen-Euro-Investment auf einer Fläche von 55.000 Quadratmetern. Auch die Bleker-Gruppe aus dem Münsterland baute für 4,5 Millionen Euro einen Nissan-Betrieb in Ahaus – und tätigte damit eine der größten Investitionen in der 60-jährigen Firmengeschichte.
Hinter dem Trend steht die Kernfrage: Warum soll ein Kunde künftig überhaupt noch ins Autohaus gehen, wo er sich doch im digitalen Zeitalter vorab im Internet über alles informieren kann? Diez: "Die klassische Information und Beratung, wie sie früher vor Ort erfolgte, ist ja nicht mehr nötig. Das heißt, diese Funktionen des stationären Handels fallen durch die Digitalisierung weg."
Der Handel muss sich also auf solche Dienstleistungen konzentrieren, die online nicht möglich sind – wie etwa die Probefahrt. Sie wird immer wichtiger, "doch für den Handel ist die Probefahrt mit am teuersten", sagt Diez. Speziell kleine Betriebe seien oft überfordert, wenn sie die gesamte Vorführwagenpalette vorhalten müssen. Die Zahl der Vorführwagen stehe oft nicht in Relation zum Verkaufsvolumen. Diez: "Das können nur große Betriebe leisten."
Die Notwendigkeit, entsprechende Modelle vorzuhalten, wird zudem getrieben von den neuen Technologien. "Die Leute werden neugieriger", sagt Diez, "keiner kauft einen Plug-in-Hybriden oder ein Elektroauto, wenn er vorher damit nicht gefahren ist." Seine Attraktivität kann der stationäre Handel außerdem dadurch steigern, dass die Autohäuser mit Präsentationsmitteln arbeiten, die am heimischen PC nicht unbedingt funktionieren.
"Fahrzeuge werden zunehmend inszeniert, der Kunden erfährt eine dynamische Beratung", sagt Diez. Auch diese Entwicklung begünstige große Betriebe, die eher imstande sind, einen digitalen Showroom einzurichten oder futuristische Ansätze zu verfolgen, die, "weit über die VR-Brille hinausgehen".
Dass große Betriebe auch profitabler sind, bestätigen Berechnungen des IFA-Instituts. Demnach kamen im Jahr 2015 die Top-20-Händler im Schnitt auf 1,74 Prozent Umsatzrendite – während der Branchenschnitt bei nur 1,4 Prozent lag. "Viele kleine Betriebe rechnen sich für den Händler nicht", sagt derIFA-Experte. Zwar sei Autofahrern in der Regel ein kleiner Betrieb in ihrer Nähe sympathisch, gleichzeitig hätten große Betriebe "eine relativ stärkere Sogwirkung auf den Kunden".
Größe, definiert als reine Addition von Zukäufen, funktioniert nach Ansicht Diez' allerdings nicht. Man brauche auch die richtige Organisation. "Wer nur groß ist, aber schlecht organisiert und insgesamt zu viele Standorte hat, dem nützt auch die Größe nichts, weil die Synergieeffekte fehlen."
Im Datencenter:
Die Top 100 Autohändler in Deutschland 2016 nach Gesamtabsatz
Die Top 100 Autohändler in Deutschland 2016 nach Umsatz
Die Top 100 Autohändler in Deutschland 2016 nach Umsatz pro Mitarbeiter