Durchschnittliche Reichweite steigt auf 400 Kilometer bis 2020

Stuttgart. Die durchschnittliche Reichweite von Elektrofahrzeugen beträgt derzeit rund 240 Kilometer. Das geht aus einer Studie des Beratungsunternehmens Horváth & Partner hervor, in der die Herstellerangaben zur Reichweite mit den jährlichen Verkaufszahlen der entsprechenden Fahrzeuge gewichtet wurden.

Vor vier Jahren lag der Durchschnittswert noch 100 Kilometer niedriger – auch wegen einer falschen Strategie der Autobauer. "Die Autohersteller sahen die Keimzelle der Elektromobilität lange im urbanen Umfeld und gestalteten die Fahrzeuge entsprechend", sagt Oliver Greiner, Studienautor und Partner bei Horváth und Partners. "Dies war eine strategische Fehleinschätzung, nicht nur in Bezug auf Design, Fahrzeuggröße und Fahrspaß, sondern auch in Bezug auf die Reichweite", erläutert Greiner.

Eine Fehleinschätzung, da sich Käufer von reinen Elektroautos 2015 vor allem für die reichweitenstarken Modelle entschieden. So waren das Tesla Model S mit einer Reichweite von 528 Kilometern oder der Renault Zoe, der 210 Kilometer weit kommt, deutlich beliebter als beispielsweise der BMW i3, der Nissan Leaf oder der Mercedes B250e. "Die Menschen denken in anderen Dimensionen", sagt Greiner. Sie fragen nicht, ob das Fahrzeug ein Stadtauto sei, sondern denken an ihre Familie oder Hobbies.

Doch die Hersteller haben daraus gelernt. In den kommenden Jahren werden die Reichweiten durch sinkende Batteriepreise und verbesserte Batterietechnik laut Studie deutlich steigen. "Wir gehen davon aus, dass bis 2020 ein neu zugelassenes reines Elektroauto im Durchschnitt deutlich über 400 Kilometer mit einer Batterieladung zurücklegen kann", stellt Heiko Fink, Automobilexperte bei Horváth & Partners in Aussicht.

So bringt Tesla 2016 das neue Model X auf den Markt, mit einer Reichweite von bis zu 470 Kilometern. Der überarbeitete BMW i3 soll 285 Kilometer weit kommen. Etwa 35 Kilometer weiter soll eine Batterieladung des Opel Ampera-e reichen, den General Motors in Europa auf den Markt bringen will. Von Audi gibt es 2018 einen Elektro-SUV, der mehr als 500 Kilometer Reichweite besitzen soll. Auch Porsche, VW, Daimler und Ford haben bis 2020 E-Autos angekündigt, die deutlich über 300 Kilometer fahren können.

Als Elektroauto gelten in der Studie alle Fahrzeuge, die über extern zugefügten Strom oder Wasserstoff rein elektrisch fahren können – also rein batteriebetriebene Fahrzeuge genauso wie Plug-in-Hybride. Die Hersteller fahren diesbezüglich eine mehrgleisige Strategie. Audi, BMW wollen bis auf weiteres die verschiedenen Antriebsformen anbieten, ohne sich auf eine festzulegen.

Ende 2015 gab es in Deutschland rund 44.000 Elektro-Pkw – ein Anteil von rund 0,1 Prozent am Gesamtbestand. Im Vergleich zu 2014 ist das jedoch eine Zuwachsrate von rund 70 Prozent. Falls sich die Wachstumsraten der vergangenen drei Jahre so weiterentwickeln, werde das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen im Einsatz zu haben, mit einem Jahr Verzögerung erreicht, heißt es in der Studie.

"Noch gehe ich davon aus, dass das klappen könnte", sagt Studienautor Greiner gegenüber der Automobilwoche. Es kämen viele Fahrzeugmodelle auf den Markt, die Ladeinfrastruktur werde ausgebaut. Seiner Ansicht nach werde die Elektromobilität in Deutschland eine "signifikante Bewegung" erfahren.

2016 sei noch ein Übergangsjahr. "Die Disukussion um Anreize führt bei potenziellen Kunden zu Unsicherheit", sagt Greiner, der die Zweckmäßigkeit der Subventionen grundsätzlich in Frage stellt. Viele warteten deshalb noch ab, ob die Prämie kommt.