DIHK: "Uns geht der Nachwuchs aus"

Der Anteil der Betriebe hierzulande, die ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen können, hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf 31 Prozent verdoppelt. Das geht aus der neuen Ausbildungsumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervor. „Uns geht der Nachwuchs aus“, warnt deshalb Der DIHK. „Fast jeder zehnte Ausbildungsbetrieb hat noch nicht einmal eine einzige Bewerbung erhalten", schilderte Verbandspräsident-Präsident Eric Schweitzer den Ernst der Lage.

Schon jetzt sei der Fachkräftemangel für jedes zweite Unternehmen ein Geschäftsrisiko. Schweitzer warnte, dies sei „eine gefährliche Entwicklung für die gesamte Gesellschaft", bedeuteten doch fehlende Fachkräfte weniger Wachstum und Wohlstand. „Wir müssen deshalb mehr für unsere duale Ausbildung tun“, mahnte der DIHK-Präsident. Die Diskussion über die Alternative Ausbildung oder Studium sei „falsch gestellt“, sagt Schweitzer. "Entscheidend ist, welche Qualifikationen in den Betrieben und am Arbeitsmarkt in Zukunft gebraucht werden.“

Angesichts des Gesamtbilds auf dem Ausbildungsmarkt steht das Kfz-Gewerbe recht gut da. Zwar gibt es auch hier immer wieder Klagen, über zu schlechte Schulbildung und soziale Kompetenzen von Bewerbern um Ausbildungsplätze. Doch beispielsweise 2016 konnte die Branche fünf Prozent mehr Auszubildende für die Berufe Kfz-Mechatroniker und Automobilkaufleute gewinnen, als im Jahr zuvor, während die Zahl aller neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Deutschland um 0,4 Prozent sank.

Zuversichtlich ist der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe ZDK auch für das gerade begonnene neue Ausbildungsjahr. Zahlen werden zwar erst in einigen Monaten vorliegen. Doch „nach den letzten fast drei Jahren, in dem für unsere Autoberufe die Ausbildungszahlen, im Gegensatz zu den anderen Handwerksbranchen, gestiegen sind, gehe ich nun davon aus, dass im neuen Ausbildungsjahr die Ausbildungszahlen stabil – auf Vorjahresniveau – bleiben werden“ , sagt Birgit Behrens, die für Bildung zuständige ZDK-Geschäftsführerin. Immerhin hat die Branche mit dem Kfz-Mechatroniker den bei jungen Männern beliebtesten aller Ausbildungsberufe im Portfolio. Weiter steigende Zahlen erwartet Behrens allerdings "eher nicht“.

Wie lange das Kfz-Gewerbe sich gegen den allgemeinen Trend stellen kann, bleibt abzuwarten. Zu einer insgesamt negativen Einschätzung kommt auch ein Forschungsprojekt des Soziologischen Forschungsinstituts (SOFI) und der Universität in Göttingen. Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis: „Der Exportschlager duale Ausbildung droht in Deutschland branchenübergreifend zum Auslaufmodell zu werden.“ Während die Beschäftigungszahlen kontinuierlich steigen, wird in Betrieben immer weniger ausgebildet. Besonders stark ist dieser Effekt bei Kleinst- und Kleinbetrieben – relativ stabil zeigt sich dagegen der klassische Mittelstand. Obwohl es zwischen 1999 und 2015 einen Zuwachs an Beschäftigten in Höhe von 12,1 Prozent gegeben hat, sei im gleichen Zeitraum die Zahl der Auszubildenden um 6,7 Prozent zurückgegangen.

2008 seien noch 6,5 Auszubildende auf je 100 Beschäftigte verzeichnet worden. Danach sei die Quote fortlaufenden Rückgang, bis auf 5,1 Azubis auf je 100 Beschäftigte im Jahr 2015. „Eine Trendwende ist nicht in Sicht“, sagen die Forscher. In der Tendenz zeige sich die unterschiedliche Entwicklung von Ausbildung und Beschäftigung über alle Betriebsgrößen hinweg – besonders dramatisch jedoch bei den Kleinst- und Kleinbetrieben mit bis zu 49 Mitarbeitern. In Kleinstbetrieben mit bis zu fünf Mitarbeitern sei zwischen 1999 und 2015 die Zahl der Beschäftigten leicht um 3,2 Prozent zurückgegangen. Die Zahl der Auszubildenden sank jedoch im gleichen Zeitraum um ein Drittel.

Absolvierten im Jahr 2008 noch rund 225.000 junge Menschen ihre Ausbildung in Kleinstbetrieben, waren es der Untersuchung zufolge 2015 gut 75.000 weniger. Für die Ausbildungsquote – das Verhältnis von Auszubildenden zu Beschäftigten – bedeute dies einen Rückgang seit 2008 von 7,5 auf weniger als 5 Prozent. Ähnlich laufe die Entwicklung für Kleinbetriebe mit einer Belegschaft von 6 bis 49 Mitarbeitern. Diese Betriebe erbringen etwa ein Drittel der gesamten Ausbildungsleistung. Bei ihnen sei die Ausbildungsquote von 7,4 Prozent im Jahr 2008 auf 5,8 Prozent 2015 gesunken. Das entspricht einem absoluten Rückgang um mehr als 65.000 auf rund 540.000 Auszubildende.

Einzig Betriebe mit einer Belegschaft von 50 bis 249 Mitarbeitern hatten im Untersuchungszeitraum einen Anstieg der Zahl an Auszubildenden von 391.000 im Jahr 1999 auf 434.000 im Jahr 2015 zu verzeichnen, ein Plus von 11,3 Prozent – und dennoch sinke auch hier die Ausbildungsquote. Denn die Zahl der Beschäftigten ist im gleichen Zeitraum um 19,3 Prozent gestiegen. Großbetriebe mit mehr als 500 Beschäftigten bilden über den gesamten Untersuchungszeitraum im Verhältnis zu ihren Belegschaften am wenigsten aus. Im Jahr 2015 lag ihre Ausbildungsquote bei 4,4 Prozent. Nur etwa ein Fünftel aller Azubis lernt bei diesen Betrieben.

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