Die Bundesregierung will beim "Dieselgipfel" mit einer Stimme sprechen. Die Abstimmungen dafür liefen "auf den letzten Metern", sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. "Die Bundesregierung wird mit einer abgestimmten Position in das Nationale Forum Diesel gehen", betonte er. Vor allem Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ist der Meinung, dass Software-Updates alleine nicht ausreichen.
Nachdem beim Porsche Cayenne illegale Diesel-Software aufgefallen war, überprüft das Verkehrsministerium nach eigenen Angaben nun "alle Drei-Liter-Modelle des VW -Konzerns, auch ohne konkrete Hinweise", sagte der Sprecher.
"Wir brauchen eine starke und innovative, aber auch ehrliche Autoindustrie", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz
Er will dem in der Diesel-Affäre in die Kritik geratenen Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Aufgaben entziehen. Wie auch Umweltministerin Barbara Hedricks (SPD) fordert Schulz, die Zuständigkeiten für Auto-Typgenehmigungen und Kontrollen zu trennen - bisher liegen beide bei der Flensburger Behörde, die dem Bundesverkehrsministerium von Alexander Dobrindt (CSU) untersteht. "Die Kontrolle der Autoindustrie muss grundsätzlich neu strukturiert werden", sagte Schulz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Montag. Zwischen KBA und Autoindustrie herrsche eine "absurde Kumpanei".
Hendricks hatte ihr Umweltministerium oder das Verbrauchschutzministerium dafür ins Gespräch gebracht, die Einhaltung von Abgasnormen zu kontrollieren. Schulz nannte es "unerträglich", dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "tatenlos" zuschaue.
Die "Bild"-Zeitung zitierte am Montag aus Mails zwischen Mitarbeitern von KBA, Verkehrsministerium und Vertretern der Autohersteller, die eine gegenseitige Abstimmung unter anderem für den Abschlussbericht der Abgas-Kommission belegen. Dabei geht es auch um das Herunterregeln der Abgasreinigung, sogenannte Abschalteinrichtungen. Die Mails waren bereits im vergangenen Jahr bekannt geworden. "Dobrindt muss öffentlich darstellen, was er, sein Ministerium und das Kraftfahrt-Bundesamt wussten", forderte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Das Verkehrsministerium widerspricht der Darstellung, der Bericht sei "entschärft" worden
Bund der Steuerzahler
Der Steuerzahlerbund hat sich gegen staatliche Prämien oder Steuernachlässe für neue Diesel ausgesprochen. "Was nicht sein kann, ist, dass die Politik jetzt wieder mit Steuergeld winkt", sagte Reiner Holznagel, Präsident des Bunds der Steuerzahler,zu entsprechenden Vorschlägen unter anderem von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und seinem niedersächsischen Amtskollegen Stephan Weil (SPD). "Hier ist die Automobilindustrie in der Pflicht, und da erwarte ich auf dem Autogipfel auch klare und deutliche Aussagen", betonte Holznagel.
Zwar müsse man mit Blick auf die vielen Arbeitsplätze in der Branche mit Bedacht vorgehen. Aber die Autoindustrie bekomme auch schon viele Subventionen, etwa über die Kaufprämie für Elektroautos.
Die Grünen
Sie wollen den Weg in einen abgasfreien Autoverkehr nach dem Vorbild des Atomausstiegs regeln. Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) sei bereit, die "Zukunftskommission umweltfreundliche Mobilität" zu leiten, sagte Spitzenkandidat Cem Özdemir. Vorbild solle die Ethikkommission "Sichere Energieversorgung" sein, die nach der Atomkatastrophe von Fuhushima 2011 den gesellschaftlichen Kompromiss für Atomausstieg und Energiewende vorbereitet hat.
Die Kommission solle noch unter der amtierenden Regierung eingesetzt werden und nach der Bundestagswahl Vorschläge für eine Verkehrswende vorlegen. Co-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt betonte, dass beim Diesel-Gipfel eine Entscheidungen zu Lasten von Autobesitzern und Steuerzahlern getroffen werden dürften. "Der Schaden muss geheilt werden, und zwar von den Unternehmen selber." Dafür brauche es wirksame Nachrüstungen für eine bessere Abgasreinigung am Auto selbst, nicht nur Verbesserungen der Motorsoftware.
IG-Metall-Landesbezirksleiter Roman Zitzelsberger
Zitzelsberger erwartet vom Diesel-Gipfel der Bundesregierung einen konkreten Fahrplan. "Der Dieselgipfel hat die Aufgabe, verlässlich zu verabreden, wie es konkret weitergeht", sagte der Gewerkschafter "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten".
"Um die Emissionen gerade bei Stickstoffen zu senken, braucht es einen verbindlichen Zeitplan." "Das Ende des Diesels sehe ich nicht", sagte Zitzelsberger. "Wenn wir die CO2-Ziele erreichen wollen, wird es nicht ohne sie funktionieren. Selbst wenn morgen alle elektroangetriebene Autos fahren würden, wäre beim CO2-Ausstoß nichts geholfen. Die Batterieherstellung ist so energieintensiv, dass wir deutlich höhere CO2-Emissionen hätten.