Wer trifft sich, wann und wo?
Beginn des Diesel-Gipfels ist am 2. August 2017 um 11.30 Uhr in Berlin. Für das Gespräch sind zwei Stunden angesetzt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat Vertreter der deutschen Autokonzerne geladen, sowie die Ministerpräsidenten der "Autoländer" Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Auch Berlin und Hamburg als stark von hohen Stickoxid-Werten (NOx) betroffene Stadtstaaten sollen teilnehmen.
Gastgeber des "Nationalen Forums Diesel", wie es offiziell heißt, sind Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Aus dem Kabinett sind noch Brigitte Zypries (SPD/Wirtschaft)und Johanna Wanka (CDU/Forschung) dabei. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird nicht dabei sein.
Aus der deutschen Autoindustrie erwartet werden: VW-Chef Matthias Müller, der dafür seinen Urlaub unterbricht, Daimler-Chef Dieter Zetsche. BMW-Chef Harald Krüger, Audi-Chef Rupert Stadler, Porsche-Chef Oliver Blume. Sowie Ford-Deutschland-Chef Gunnar Herrmann und Opel-Chef Michael Lohscheller.
Außerdem sollen Vertreter des Verbands der Automobilindustrie (VDA) sowie des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) zu den Beratungen kommen. Auch der Deutsche Städtetag, die IG Metall und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) nehmen teil.
Nach dem Gespräch soll es eine Pressekonferenz geben, auf der die Ergebnisse vorgestellt werden.
Worüber wird gesprochen?
Debattiert wird über konkrete Schritte für einen geringeren Schadstoffausstoß bei Dieselfahrzeugen, mögliche Nachrüstungen, Fahrverbote in Innenstädten oder andere Maßnahmen.
Wer hat welche Position?
Die Bundesregierung ringt noch um eine gemeinsame Position. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will, "dass die Fahrzeuge schnellstens auf Kosten der Hersteller optimiert werden". Er erwarte beim Gipfel ein "akzeptables Angebot" der Automobilindustrie. Für Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ist eine Software-Nachrüstung nur ein erster Schritt. In einem zweiten Schritt müssten die Autobauer dann die Hardware der Fahrzeuge nachrüsten, "und zwar auch auf ihre Kosten".
Umwelt- und Verbraucherschützer fordern Rückrufe und Pflicht- Nachrüstungen für alle Diesel der Abgas-Normen 5 und Euro 6. Die Fahrzeuge müssten am Motor nachgerüstet werden, so die Position der DUH.
Die Autokonzerne bevorzugen dagegen Nachrüstungen der Diesel-Fahrzeuge in Form von Software-Updates. Diese sind schnell und für die Hersteller recht kostengünstig umzusetzen. Experten schätzen den finanziellen Aufwand pro Fahrzeug auf rund 100 Euro je Auto. Änderungen an der Hardware, also zusätzliche Komponenten in der Abgasreinigung der Fahrzeuge, kämen auf rund 1500 Euro. Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 und zum Teil auch Euro 6 sollten deshalb flächendeckend nachgebessert werden. Laut Bundesverkehrsministerium wird der Stickoxid-Ausstoß dadurch im Schnitt um 40 Prozent bis 50 Prozent reduziert.
VDA-Präsident Matthias Wissmann sagte, dass die Stickoxide-Emissionen mittels Softwarelösungen an mehreren Millionen Fahrzeugen "schnell und effektiv gesenkt werden". "Wir gehen davon aus, dass eine Verringerung der realen Stickoxid-Emissionen von durchschnittlich mindestens 25 Prozent möglich ist.". Wissmann hat auch eine "Öko-Prämie" vorgeschlagen, so dass Diesel- Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 1 bis 4 schneller von den Straßen verschwinden und durch den Kauf modernerer Diesel ausgetauscht werden.
Die Ministerpräsidenten der "Auto-Länder" hätten ebenfalls gerne steuerliche Anreize. Allerdings in unterschiedlicher Form. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) will den Umstieg von Diesel- auf E-Autos fördern. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will eine geringere Kfz-Steuer als Anreiz zum Kauf neuer, emissionsarmer Euro-6-Diesel.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geht davon aus, "dass es die Zusage für wirksame und nachprüfbare Schadstoffsenkungen zügig für die gesamte Euro-5- und Euro-6-Flotte gibt - und dass die Industrie die Kosten für die Nachrüstung trägt".
FDP-, GRÜNEN-Fraktion und der Steuerzahlerbund lehnen Steueranreize und staatliche Prämien ab. Es gebe schon genug Steuervergünstigungen für den Diesel, "ohne dass es dafür eine umwelt- oder klimapolitische Begründung" gebe. Die Konzerne seien selbst gefordert und in der Pflicht, die Abgas-Probleme zu lösen. Das sei "keine Aufgabe für den Steuerzahler".
Nach neuesten Meldungen soll bereits der Entwurf einer Erklärung für den Dieselgipfel vorliegen, nachdem die Hersteller wohl nicht auf staatliche Anreize für den Kauf neuer, sauberer Fahrzeuge zählen können, sondern dafür selbst in die Tasche greifen sollen. Anreize der Hersteller sollten demnach einen Umstieg auf Autos mit moderner Abgastechnik oder Elektroautos fördern.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach sich dafür aus, dem KBA Aufgaben zu entziehen, damit Typzulassung und Kontrollen nicht mehr in der Hand einer Behörde liegen. Zwischen KBAund Autoindustrie herrsche eine "absurde Kumpanei", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das Verkehrsministerium wies die Vorwürfe zurück. Sie waren bereits im vergangenen Jahr bekannt geworden. Die Opposition im Bundestag und Umweltschützer beklagen seit Jahren eine zu große Nähe von Autobranche und Politik. Außerdem erwartet Schulz eine von der Industrie finanzierte Umtauschprämie für alte Diesel.
Was soll dabei herauskommen?
Möglichst konkrete sowie schnell umsetzbare Lösungen, um die Luftqualität in den Städten zu verbessern, sowie eine klare Vereinbarung, wer wofür die Kosten trägt und in welchem Zeitraum die Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll konkret die Einrichtung eines von Dobrindt ins Gespräch gebrachten Fonds beschlossen werden, den Autobauer und Politik gemeinsam finanzieren. Für alle 28 Regionen in Deutschland, in denen die Belastung der Luft mit Stickoxiden (NOx) besonders hoch ist, soll demnach ein eigener Plan für modernen und vernetzten Verkehr entwickelt werden. Der Umfang des Fördertopfs ist in dem Schrieb noch nicht benannt.
Wie wahrscheinlich sind konkrete Ergebnisse?
Der politische und öffentliche Druck ist gewaltig. Weder Industrie noch Politik können es sich leisten, ohne Ergebnisse wieder auseinander zu gehen. Dass am 2. August schon bis ins Detail festgelegt wird, wie etwa eine Umrüstung an der Hardware von Diesel-Autos aussehen soll, ist unwahrscheinlich. Vielmehr wird man sich wohl auf den ersten Schritt, nämlich Updates für die Fahrzeuge des Klassen Euro 5 und 6 einigen und sich im Groben auf weitere Maßnahmen verständigen, die in den nächsten Wochen und Monaten ausgearbeitet werden sollen.
Anm.der Redaktion: Zwischenzeitlich liegen Medienberichte vor, nach denen die Autohersteller bis Ende 2018 so viele Fahrzeuge nachrüsten, dass die Feinstaubbelastung weit genug gesenkt wird, um Fahrverbote zu verhindern. HIER ZU DEN DETAILS
Sind mit dem Gipfel Fahrverbote vom Tisch?
Sicher ausschließen kann der Gipfel drohende Fahrverbote nicht. Ein Gerichtsurteil in Stuttgart hat kurz vor dem Gipfel gezeigt, dass Nachbesserungen bei der Abgasreinigung womöglich nicht ausreichen.
Was haben die Hersteller im Vorfeld des Gipfels zugesagt?
Die deutschen Autohersteller haben bereits angekündigt, ihre Diesel-Fahrzeuge mit einem Software-Update aufzurüsten. Daimler hat den freiwilligen Service-Rückruf von europaweit drei Millionen Diesel-Fahrzeugen angekündigt, BMW hat Software-Updates für etwa 2,5 Millionen Euro-5-Diesel zugesagt, VW will die Zahl der überarbeiteten Diesel von 2,5 auf rund vier Millionen zu erhöhen, Audi will rund 850.000 Autos nachrüsten. Auch Opel hatte nach Kritik einen freiwilligen Rückruf von 90.000 Dieselfahrzeugen der Baureihen Insignia, Zafira und Cascada angekündigt.
Darüber hinaus will sich die Industrie an einem Fonds beteiligen, mit dem die Digitalisierung vorangetrieben werden soll, wie etwa Parkraumsuchsysteme in Kommunen.
Wie gehen andere Länder und Städte mit dem Diesel um?
Zum Teil gibt es bereits sehr strenge Regeln in den europäischen Großstädten. Diesel-Autos mit Erstzulassung vor 2001 dürfen in Paris etwa unter der Woche tagsüber nicht mehr fahren. Bei Benzinern trifft das Verbot alle Fahrzeuge mit Baujahr vor 1997. Für Lastwagen und Busse gelten noch strengere Regeln. In den Niederlanden haben bislang 13 Kommunen Umweltzonen eingerichtet. In Teilen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen dürfen große Diesel-Lastwagen ohne Partikelfilter nicht fahren. (Mit Material von dpa)
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