Wien. Er gehört zu den Koryphäen der Autobranche und gilt seit Jahrzehnten als der "Motoren-Papst“: Fritz Indra (71), einst Motoren-Entwickler bei Audi, BMW, Opel und GM, ist heute Berater bei verschiedenen Unternehmen und Professor an der TU Wien für Rennmotoren und Rennfahrzeuge. Automobilwoche sprach mit ihm über die Zukunft der Antriebe für Kraftfahrzeuge.
"Das Elektroauto hat keine Zukunft"
Selbstverständlich. Wir brauchen ihn mehr denn je, weil die Elektromobilität als echte Alternative in weiter Ferne liegt. Die Verbrennungsmotoren besitzen ein Einsparpotenzial von weiteren 30 Prozent.
Downsizing, also die Verkleinerung von Hubraum und die Reduzierung von Zylindern, ist eine Möglichkeit. Sie sollte unterstützt werden durch eine Teil-Elektrifizierung des Antriebsstranges, die kurzes elektrisches Boosten, Rekuperieren sowie Start-Stopp-Systeme auf breiter Basis ermöglicht. Auch die Getriebe spielen eine wichtige Rolle, weil sie durch ihre vielen Gänge helfen, die Motoren in effizienten Drehzahlbreichen zu betreiben. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten.
Neben Reibungsreduktion und die Integration des Auspuffkrümmers in den Zylinderkopf zur schnelleren Aufheizung wird die Zylinderabschaltung eine wichtige Rolle spielen.
Kein Verbrennungsmotor, egal ob Vier-, Sechs-, Acht- oder Zwölfzylinder, braucht im Teillastbetrieb seine komplette Zylinderanzahl. Man kann also für bestimmte Lastbereiche die Hälfte oder einen Teil der Zylinder abschalten – ohne dass der Autofahrer davon etwas merkt. Zylinderabschaltung hilft speziell bei Benzinern. Dieselmotoren würden damit sehr rau laufen.
Ja, eine ultimative Lösung, um Sprit zu sparen. Ob das langfristig für das Image der S-Klasse gut ist, bleibt abzuwarten. Bei der S-Klasse mit Benzinmotoren sollte man es aber mit Zylinderabschaltung der Sechs- und Achtzylinder versuchen, bevor man auch hier zum Vierzylinder wechselt. So hätte der Kunde noch einen standesgemäßen Motor.
Ja auch das geht, solange sie noch Vierzylindermotoren haben. Die Technik ist sogar wesentlich günstiger als wenn Sie einen Dieselmotor einbauen würden.
So könnte man das sehen. Der konstruktive Aufwand ist sehr hoch, der Motor schwer und laut. Zudem benötigt der Dieselmotor zukünftig eine immer kompliziertere und teurere Abgasnachbehandlung. Er ist im Vergleich zum Gesamtfahrzeug überproportional teuer und kostet oft mehr als doppelt so viel wie ein Benziner. Die Hersteller werden sich aus wirtschaftlichen Gründen überlegen, ob man sich bei kleineren Fahrzeugen den Dieselmotor noch leisten kann.
Aber auch der VW Up startet nur mit Benzinern. Fraglich ist, ob in dieser Baureihe jemals ein Diesel zum Einsatz kommt. Noch dazu, weil ihn wenige Kunden haben wollen.
Prinzipiell in Ordnung, weil es vor allem im Kurzstreckenverkehr Kraftstoff spart. Dieselmotoren sollten allerdings keine Start-Stopp-Automatik haben. Ihr Startvorgang ist rau und unkomfortabel, wenn man es mit dem normalen mechanischen Anlasser macht.
Das ist richtig. Nur passiert dies aus Kostengründen nicht. Oft genug wird der ganz normale Anlasser benutzt.
Ich hätte da meine Bedenken. Ich glaube der Dreizylinder kann sein Billig-Image nicht "abschütteln". In meinen Augen ist das nicht Premium-like und passt besser in die kleineren Fahrzeuge von Opel, Ford oder Fiat, wo es sie ja auch zum Teil schon länger gibt. Beim Benziner sollte man es im Premium-Bereich zuerst mit dem Vierzylinder-Zylinderabschalter versuchen, bei deutlich mehr Laufruhe und Komfort und zum Vorteil des Kunden.
Vermutlich.
Massenmotorisierung benötigt keine komplizierten Hightech-Aggregate, sondern einfache und günstige Motoren. Als Beispiel möchte ich die immer noch in hohen Stückzahlen gebauten älteren Zweiventil Motoren von VW, Opel oder auch den FIRE-Motor von Fiat nennen. Aber es gibt auch ein sehr gutes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit, den 1,2-Liter-TSI-Vierzylinder von Volkswagen. Ein Zweiventiler mit einer Nockenwelle und Direkteinspritzung von oben.
Da fallen mir die vollvariablen Ventilbetätigungen ein, egal ob hydraulisch oder auch mechanisch. Sehr kompliziert und zu teuer für Kleinwagen.
Eine große, solange es sich nicht um einen Full-Hybrid wie zum Beispiel den Toyota Prius handelt. In Zukunft wird so gut wie jeder Verbrennungsmotor ein Micro- oder Mild-Hybrid sein, der rekuperieren, boosten und den Motor bei Bedarf auch abstellen kann. So kann auf breitester Basis die deutlichste Verbrauchseinsparung erzielt werden.
Ja, das stimmt. Das reine Elektroauto hatte und hat keine große Zukunft, weil man dafür nicht genug Kunden finden wird.
Erstens trägt es nicht zur CO2-Reduktion bei und löst auch nicht unsere Verkehrsprobleme. Zweitens ist es viel zu teuer, als dass man die breite Masse damit kriegen würde. Drittens ist die Reichweite viel zu gering. Viertens: Wer kauft ihnen das E-Mobil mit alter Batterie wieder ab? Ich denke, das Elektroauto wird ein Spielzeug für die Betuchten und einige Flottenbetreiber.
Der Autofahrer ist es gewohnt, zu fahren, wohin er will, so weit er will und wann er will. Er tankt in fünf Minuten und hat danach Sprit für 1000 Kilometer an Bord. Zapfsäulen findet er an jeder Ecke. Diese Freiheitsgrade bietet ein Elektroauto nicht. Und im Winter wird alles noch viel schlimmer.
Wir alle wissen, wie schnell Staus nicht nur bei Schnee und Eis zum Alltag gehören. Licht ist Pflicht. Zudem zieht die Heizung die Batterie leer. Sie frieren im Auto. Niemand hilft Ihnen mit einem Ersatzkanister, wie wir das bei einem leeren Tank kennen. Fürs Elektroauto schlägt schon bald die Stunde der Wahrheit. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es aus einem Nischendasein nicht herauskommen wird.
Das wird noch Jahrzehnte dauern. So lange wird es noch die heute bekannten Energien wie Benzin, Diesel vor allem auch Erdgas oder Bio-Kraftstoffe geben. Und wenn die Ablöse kommt, dann wird das ein ganz fließender Übergang sein. Nicht umsonst hat VW-Chef Winterkorn beim diesjährigen Wiener Motoren-Symposium gesagt: "Die Elektrombilität ist eine Jahrhundertaufgabe." Geschickter kann man das nicht formulieren.
Das sind leider zu einem wesentlichen Teil Fördergelder. Man sollte einen Großteil dieser Gelder lieber in die raschere Weiterentwicklung des konventionellen Antriebs stecken. So könnte man viele schneller und effektiver etwas für die Umwelt tun. Solange der Strom nicht auf breiter Basis regenerativ hergestellt werden kann, gibt es nach dem heutigen Stand der Technik keine Berechtigung für das Elektroauto. Das bedeutet: Wir werden den Verbrennungsmotor noch sehr, sehr lange brauchen.
Das Interview führte Michael Specht.