Daimler setzt auf Russland

Investitionsreise in den Osten: Nach dem Baustart für das Motorenwerk im polnischen Jawor hat Daimler nun den Grundstein für seine neue Pkw-Produktion nahe Moskau gelegt. Die Stuttgarter investieren im Industriepark Jessipowo rund 250 Millionen Euro. 1000 Jobs sollen entstehen. Von 2019 an sollen hier bis zu 25.000 SUVs und E-Klasse-Limousinen hauptsächlich für den lokalen Markt produziert werden. Es ist ein Bekenntnis in heiklen Zeiten. Wegen der vor allem von den USA getriebenen Sanktionen gegen Russland aufgrund des Ukraine-Konflikts werden Geschäfte im Riesenreich immer schwieriger.

Dennoch kommt der Bau scheinbar zur rechten Zeit. Nach Jahren des Abschwungs zeigt der Pkw-Markt in Russland Zeichen der Erholung. Mit rund 2,9 Millionen verkauften Neuwagen lag Russland 2012 europaweit auf Platz zwei hinter Deutschland. Doch Ölpreis- und Rubelverfall stürzten das Land in eine schwere Krise, viele mussten sparen. 2016 kauften die Russen noch 1,4 Millionen Autos. Von dieser niedrigen Basis aus kann es eigentlich nur bergauf gehen, so das Kalkül vieler Unternehmen.

Als relativ stabil erwiesen hat sich in den vergangenen Jahren das Premiumsegment. 2016 hat Mercedes-Benz zwar mit 37000 Neuwagen im Vergleich zu 2015 elf Prozent weniger verkauft, doch in den Jahren zuvor waren die Verkäufe gestiegen.Seit Januar wurden in Russland laut VDA 322.500 Neufahrzeuge verkauft, ein Plus von immerhin 1 Prozent. Allein im Mai sieht die Vereinigung Europäischer Unternehmen (AEB) in Moskau ein Plus von 14,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auch bei Volkswagen lief es zuletzt wieder besser. 2016 produzierte die Volkswagen Group Rus über 147.000 Fahrzeuge in Russland. Das entspricht einem Plus von neun Prozent gegenüber 2015, als 135 000 Pkw vom Band rollten.

"Russland ist ein strategisch wichtiger und absatzstarker Markt", sagt ein Daimler-Sprecher. "Mit einer lokalen Produktion sind wir in Russland näher an unseren Kunden", sagt auch Mercedes-Produktionschef Markus Schäfer. Zum anderen aber braucht Mercedes die Kapazitäten in dem Werk auch wegen des starken Wachstums. Vor allem die SUV-Produktion nimmt stetig zu, die Kapazitäten im Werk im US-Bundesstaat Alabama sind langsam erschöpft. Auch die neue Generation der E-Klasse läuft hervorragend. Immer wieder erweitert Daimler daher sein Produktionsnetz mit kleinen Fabriken, um die Flexibilität zu erhöhen. Ähnliche Werke hat Mercedes 2016 in Indien und Brasilien in Betrieb genommen. Dort läuft beispielsweise der GLA vom Band.

Um Daimler die Investition zu versüßen, sparten die Behörden offenbar nicht mit Anreizen. Bis 2025 hat die Moskauer Gebietsverwaltung Mercedes-Benz von der Umsatzsteuer befreit. Bis 2029 steigt sie graduell auf 13,5 Prozent. Hinter vorgehaltener Hand vermuten Beobachter auch, dass Mercedes seinen Status als beliebte Marke für Funktionäre verteidigen will. 2014 hatte die Regierung festgelegt, dass Behörden ihre Fuhrparks nur mit Autos aus russischer Produktion bestücken dürfen.

Vor allem die staatlichen Förderungen und Investitionsanreize sprechen laut einer Analyse des Bundeswirtschaftsministerium aus dem Jahr 2016 für ein Engagement deutscher Firmen in Russland. Als negativ erwähnt werden die Unsicherheit der Marktentwicklung mit Sanktionen, schwankendem Ölpreis und Wechselkurs. Matthias Schepp, Leiter der Auslandshandelskammer, ist aber überzeugt: "Wenn die Unternehmen, die jetzt in Rusland investieren, sehen, dass sich ihr Engagement lohnt, wird sich das herumsprechen und zu weiteren Investitionen führen." So erwägt etwa auch BMW den Bau eines neues Werk bei Kaliningrad. Die Entscheidung soll laut Produktionschef Oliver Zipse in den nächsten zwölf Monaten fallen. Der bayrische Autokonzern lässt seine Geländewagen für Russland bisher beim russischen Auftragsfertiger Avtotor produzieren.

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