AVAG wächst schneller als erwartet und will bremsen

Christof Rührmair

Die größte deutsche Handelsgruppe AVAG hat kräftig zugelegt. Auch die Rendite war gut. Jetzt will sie aber erstmal langsamer wachsen.

Donnerstag, 24. Januar 2019, 11.20 Uhr

Die Augsburger AVAG hat im Geschäftsjahr 2017/18 Rekorde vorgelegt. Der Umsatz stieg um rund 200 Millionen auf 2,3 Milliarden Euro, der Absatz um 8364 Fahrzeuge auf 129.617. Auch das Ergebnis stieg. Genaue Zahlen nennt die AVAG hier zwar nicht, die Rendite lag nach Auskunft von Vorstandssprecher Roman Still allerdings bei gut 1,6 Prozent. Das entspräche in etwa dem Vorjahresniveau, würde angesichts des gestiegenen Umsatzes aber ein Wachstum unter dem Strich und ein Ergebnis um die 37 Millionen Euro bedeuten.

Faktoren wie die Integration der wichtigsten Marke Opel in den PSA-Konzern, die langen Verhandlungen zum neuen Opel-Händlervertrag und die Diskussionen um den Dieselmotor hätten das Geschäft nur am Rande beeinflusst, hieß es von der AVAG. "Die guten Zahlen ergeben sich aus einem Mix von guter Konjunktur, sehr guten Produkten unserer Hersteller und vor allem dank unserer loyalen Kunden", sagte Finanzvorstand Markus Kruis. "Die konsequente Umsetzung unserer Optimierungsstrategie für unsere Autohäuser, insbesondere im Prozess- und Bestandsmanagement, sowie die Qualifizierungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen ebenfalls zu der guten Entwicklung bei. Wir haben es geschafft, die idealen Rahmenbedingungen zu nutzen, und ein sehr gutes Ergebnis zu erzielen."

Für die Zukunft will die AVAG ihre Strategie allerdings anpassen. "Für die Zukunft haben wir einen neuen strategischen Ansatz festgelegt, der auf den Säulen Stabilisierung, Optimierung und Modernisierung basiert", sagt Roman Still. "Stabilisierung heißt, dass wir in Zukunft etwas weniger expandieren, sondern unser Augenmerk auf die Stärkung der bereits getätigten Investitionen legen, ohne weitere Arrondierungen auszuschließen." Nach dem starken Wachstum der vergangenen Jahre, habe man genug zu tun, jetzt müsse man das Unternehmen zunächst wieder "etwas beruhigen". Natürlich werde man dennoch weiter wachsen, wenn auch zunächst nicht durch größere Übernahmen. "Aber historische Chancen schließen wir natürlich nie aus." Nach dieser Konsolidierungsphase könne man dann auch wieder an weiteres Wachstum denken.

Neue Callcenter

Zur Optimierung der Gruppe will Still "konsequent den Weg der Bestands-, Prozess- und Kostenoptimierung weitergehen und Projekte vorantreiben, die unsere Autohäuser kundenfreundlicher und besser machen", wie er sagt. Den Aspekt Modernisierung will man vor allem mit einem "Ausbau der Digitalisierung und eine neue Dealer-Management-Software" vorantreiben. "Da bleibt dann allerhand zu tun."

Schon im abgelaufenen Geschäftsjahr wurde Gewicht auf den Bereich Optimierung gelegt. Still nennt in diesem Zusammenhang Projekten wie Gebrauchtwagenmanagement, den Aufbau einer stärkeren After-Sales-Bindung und die Fokussierung auf das Firmenkundengeschäft im Außendienst. Zudem arbeite man intensiv am Aufbau von Callcentern. Diese Business Development Center sollen neben den Telefonaktivitäten auch "sämtliche Leads erfassen und die Sicherstellung einer schnellen Bearbeitung und damit vor allem eine erhöhte Kundenzufriedenheit verantworten", sagt Still.

Herausforderung Mercedes

Die aktuell größte Herausforderung ist die Integration der sieben Mercedes-Standorte, die die AVAG in Österreich erworben hat. Sie sind seit dem 1. Mai in das Unternehmen integriert, haben also im vergangenen Geschäftsjahr noch nicht ihren vollen Effekt auf das Unternehmenswachstum entfaltet. Sie sind die ersten Häuser der Stuttgarter Marke und der Einstieg der Augsburger in den Markt der großen Premiummarken. Bisher hatte das Unternehmen nur einige wenige Häuser mit Lexus und Volvo. "Die Mitarbeiter hatten es in der Vergangenheit nicht leicht", sagt Albert C. Still, ebenfalls Vorstandssprecher über die neuen Standorte in Österreich. "Erst haben wir eine neue IT installiert, unbekannte Controlling-Prozesse ausgesetzt und ein für die Mitarbeiter unbekanntes Marketingkonzept eingeführt. Trotz dieser Umstellungen ziehen alle mit, und wir befinden uns auf einem guten Weg."

Das Wachstum des vergangenen Jahres verteilt sich über die Geschäftsbereiche. So legte der Neuwagenabsatz um 6,5 Prozent auf 66.679 zu, das Gebrauchtwagengeschäft wuchs um 7,3 Prozent auf 62.938 verkaufte Autos.

Im typischerweise besonders ertragreichen Aftersales-Bereich stieg der Umsatz mit 7,5 Prozent am schnellsten und betrug 426 Millionen Euro. "Dies ist vor allem durch unsere Marketingaktivitäten, technischen Innovationen in der Serviceannahme und Kundenkontaktprogramme gelungen", sagt Albert C. Still. "Ein kleinerer Teil des Wachstums entfällt auf die neu erworbenen Unternehmen."

Insgesamt kommt die AVAG derzeit auf 79 Autohäuser mit 179 Standorten in Deutschland, Österreich, Kroatien, Polen, Ungarn, Serbien und Slowenien und beschäftigt 5.300 Mitarbeiter.

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