Autohersteller fürchten um China-Absatz

Peking.Die Börsen Chinas stehen kurz vor einem Beben. Nach Jahren des künstlichen Wachstums kühlt sich die Wirtschaft dort deutlich ab. Das wird auch die deutsche Autoindustrie treffen, der Autoabsatz ist in den vergangenen Wochen bereits gesunken. Das Wachstum auf Chinas Automarkt hat sich unerwartet stark verlangsamt.

Die Vereinigung der chinesischen Autohersteller schraubte ihre Absatzprognose jetzt für 2015 von bisher sieben auf nur noch drei Prozent herunter, wie Generalsekretär Dong Yang sagte. Der langsamere Absatz von Autos, Bussen und Lastwagen wird die deutschen Autohersteller wegen ihrer großen Marktanteile im Reich der Mitte besonders stark treffen.

Vor allem vor dem Vergleichsjahr 2014 wird das schmerzlich sein. Volkswagen verkaufte vergangenes Jahr über 3,5 Millionen Fahrzeuge. Auch andere Hersteller meldeten Zuwachszahlen im zweistelligen Bereich. Das zu wiederholen, wird jetzt schwer fallen. Im Mai waren dieAutoverkäufe in China nur um 1,2 Prozent gestiegen.Die große Auto-Party scheint vorbei.

Der Automarkt China konnte lange Zeit andere brachliegende Automärkte kompensieren. Wenn es auch in Westeuropa oder Russland schlecht lief - man hatte immer noch das Reich der Mitte. Doch die Konsumlaune scheint nun ein Ende zu haben, manche sprechen von einem bereits gesättigten Markt, zumindest in den Metropolen an den Küsten.

Europas größter AutobauerVWist stark vom chinesischen Markt abhängig. Jedes dritte Auto aus dem Konzern wurde bisher in China verkauft.

Nach jahrelangem Boom tritt auch VW-Tochter Audi kürzer. Die Verkäufe der VW-Tochter in der Volksrepublik fielen im Juni um 5,8 Prozent.

BeiBMWnahmen die Auslieferungen im ersten Halbjahr nur noch um 2,5 Prozent zu, und im Juni sank der Absatz um 0,1 Prozent.

General Motorsverbuchte im Mai beim Absatz ein Minus von vier Prozent.

Doch es gibt positive Ausnahmen: Daimlerstemmte sich zuletzt gegen den Trend, vor allem wegen derlokal produzierten C-Klasse und dem Ausbau des Händlernetzes in der Volksrepublik.

Und dann wäre da noch Porsche: In China stiegen die Verkäufe in den ersten sechs Monaten um fast 50 Prozent auf knapp 30.000. Porsche ist diesesJahr aufRekordkurs.

China steht nach Einschätzung des Branchenexperten Stefan Bratzel an einem Wendepunkt. "Wir befinden uns im Übergang von einem stark wachsenden zu einem sich zunehmend moderat entwickelnden Markt", sagte Bratzel Anfang Juli.

Für die deutschen Autobauer Volkswagen, BMW und Daimler sei die geschäftliche Lage aktuell heikel, sogar in zweifacher Hinsicht.So sorge ertens das Ende der zweistelligen Wachstumsraten bei den Autoverkäufen für neue Herausforderungen.

Und zweitens treffe auch der dynamische Boom des Internets und seiner Geschäftsmodelle die Hersteller."China ist ein Internetgigant mit mittlerweile 650 Millionen Smartphone-Nutzern. Die Digitalisierung breitet sich mit enormer Geschwindigkeit auch auf die Automobilbranche aus, die in Form Produkt und Dienstleistungen reagieren müssen", sagte Bratzel der Automobilwoche. Der Kampf zwischen Automobilherstellern und IT-Playern gewinne in China enorm an Bedeutung und könnte die Branche weit schneller als anderswo verändern. Bratzel: "Internetgiganten wie Alibaba und Baidu versuchen mit Wucht in die Wertschöpfungskette der Automobilbranche einzudringen."