Volkswagen und Ford haben bei der Detroit Auto Show das größte Aufsehen erregt und am Rande der kriselnden Messe eine historische Kooperation angekündigt. Die beiden Autokonzerne wollen in einem disruptiven Umfeld gemeinsam auf die Herausforderungen durch Elektrifizierung, automatisiertes Fahren und Digitalisierung reagieren.
Durch die Bündelung der Kräfte sollen Milliardensummen in der Entwicklung und der Fertigung gespart werden. Gleichzeitig soll das Innovationstempo beider Autohersteller massiv beschleunigt werden.
„Es ist kein Geheimnis, dass unsere Branche einen tief greifenden Wandel durchläuft“, sagte VW-Konzernchef Herbert Diess in Detroit. Ford-Chef Jim Hackett räumte freimütig ein: „Das kann ich nicht allein stemmen.“
Zum Start der Kooperation verbrüdern sie sich im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge. Ford wird den Hut bei mittelgroßen Pick-ups aufhaben, die schon von 2022 an auf den Markt kommen sollen. Dann wird VW aller Voraussicht nach die Amarok-Produktion in Hannover beenden. Im Gegenzug übernimmt VW den Bereich City-Transporter (Caddy).
Die Produktion der T-Modelle von VW wird aufgeteilt: Während die Personentransporter in Hannover bleiben, könnten die Nutzfahrzeug-Versionen in die Ford-Werke in der Türkei verlagert werden. Beide Seiten erwarten allein aus ihrer Nutzfahrzeug-Kooperation von 2023 an jährliche Einsparungen von jeweils rund 500 Millionen Dollar.Fords Vertriebschef Jim Farley sagte, man spreche auch über andere Fahrzeugsegmente. Einzelheiten nannte er aber nicht. Mit Blick auf das defizitäre Europa-Geschäft von Ford sagte Farley: „Die Kooperation mit Volkswagen wird Europa helfen, aber sie wird Europa nicht retten.“ Ford komme um eine Restrukturierung auf dem Kontinent nicht herum.
Die Nutzfahrzeug-Ehe ist nur ein erster Schritt. Ford und Volkswagen wollen alle großen Herausforderungen der Zukunft gemeinsam schultern. Dazu unterzeichneten sie in Detroit Absichtserklärungen.Im Bereich der Elektromobilität ist Volkswagen bereit, seine neue Elektroplattform MEB mit Ford zu teilen. Noch im laufenden Jahr wollen beide Autokonzerne zudem erste gemeinsame Projekte für das automatisierte Fahren vorstellen.
Ford liegt beim autonomen Fahren Jahre hinter seinem Rivalen General Motors zurück. GM wird schon bald die autonome Marke Cruise starten. Ford hat zwar mit Argo AI ebenfalls eine Robo-Tochter gegründet, aber nichts Vergleichbares vorzuweisen. Ein weites Feld tut sich auch im Bereich Elektrifizierung auf. Weder Ford noch Volkswagen verfügen über eine eigene Batteriezellenfertigung.„Vor uns liegt noch viel Arbeit“, sagte Hackett mit Blick auf das Mammutprogramm, das sich beide Traditionshersteller auferlegt haben. VW-Konzernchef Diess äußerte sich zuversichtlich, dass die unterschiedlichen Kulturen beider Unternehmen zusammenpassen. Diess: „Hier sitzen zwei Partner am Tisch, die ähnliche Sichtweisen haben und ähnliche Ziele verfolgen.“
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