Letzten Sommer konnte Carlos Tavares, Chef der PSA Group, den Investoren gute Nachrichten verkünden: Die deutsche Tochter Opel hatte in der ersten Jahreshälfte 2018 Gewinn gemacht – das war dem Unternehmen unter dem GM-Dach seit Jahrzehnten nicht gelungen. Es geht aber nicht nur um Opel: Vor Tavares liegen noch weitere Aufgaben, vor allem der Übergang zu emissionsarmen Antrieben und die Belebung des China-Geschäfts.
Mit Automotive News Europe Herausgeber Jason Stein, Mitherausgeber und Redakteur Luca Cifferi und Korrespondent Peter Sigal sprach Tavares darüber, wie er das bewerkstelligen will.
Seit dem Kauf von Opel durch PSA ist mehr als ein Jahr vergangen, und Sie konnten im ersten Halbjahr 2018 bereits Gewinne vermelden. Befinden Sie sich noch in der Phase der Kostensenkung und Umstrukturierung?
Wir sind immer noch dabei, den (PSA Turnaround) Plan umzusetzen. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend, was dem Opel-CEO Michael Lohscheller und seinem Team sowie den Opel-Mitarbeitern zu verdanken ist. Wir müssen aber noch eine Menge tun, um das betriebliche Spitzenniveau zu erreichen, das wir uns vorgenommen haben. Wenn wir die Vorgaben für 2020 einhalten und eine Gewinnmarge von sechs Prozent erreichen, dann können wir in Betracht ziehen, dass der Plan abgeschlossen ist.
Haben Sie im Hinblick auf die Jahresproduktion bei Opel den Breakeven erreicht?
Der Breakeven ist jetzt eine sechsstellige Zahl, keine siebenstellige. Das ist sehr positiv. Die Gewinnmarge von fünf Prozent, die wir im ersten Halbjahr vermeldet haben, war ein gutes Ergebnis, aber wir müssen weiterhin daran arbeiten, eine Kostenstruktur zu etablieren, die uns beinahe automatisch wiederkehrende Gewinne ermöglicht. Außerdem arbeiten wir immer noch daran, unseren Vertriebskanal-Mix zu verbessern. Einige der „giftigen“ Kanäle sind wir bereits losgeworden, aber anstatt nur diesen oder jenen Kanal zu schließen, geht es vor allem darum, den Absatzmix so zu gestalten, dass der Gewinntopf größer wird. Manchmal kann man selbst mit giftigen Kanälen wie Mietwagen oder Flotten Geld verdienen.
Im vergangenen Jahr wurde bei Opel Personal abgebaut. Wie groß ist das Unternehmen jetzt? Zum Zeitpunkt der Übernahme durch PSA waren es 38.000 Beschäftigte. Wird diese Zahl sinken oder stabil bleiben?
Auf Grundlage der von uns getroffenen Entscheidungen liegt die Zahl der Mitarbeiter aktuell bei rund 32.000. Es gab Reduzierungen in Deutschland, Großbritannien und einigen anderen Teilen der Welt. Gleichzeitig müssen wir das aber auch mit den 50.000 Opel-Jobs vergleichen, die in den vergangenen 20 Jahren (unter GM) abgebaut wurden. Vor unserer Übernahme waren mehr als 19 Milliarden Dollar in roten Zahlen angehäuft worden, 50.000 Jobs wurden abgebaut und 2,2 Prozent Marktanteil in Europa wurden verloren. Eins ist klar: Wir schieben die Probleme nicht vor uns her, sondern versuchen sie zu lösen. Wenn Sie das nicht tun, dann werden Sie von den Problemen irgendwann überwältigt.
Sind Sie bei der Integration von Opel auf unerwartete Hürden gestoßen?
Überrascht waren wir von den ganzen rechtlichen Fragen der Mitbestimmung in Deutschland. Das gibt es in Frankreich nicht. Ich habe viele Verhandlungen mit meinen französischen Gewerkschaften geführt – das gegenseitige Vertrauen ist so groß, dass wir keine Papiere und keine Unterschriften brauchen. Wir müssen uns nur auf das Problem einigen, das gelöst werden muss, um die Leistung des Unternehmens zu steigern und dadurch die Mitarbeiter zu schützen. Die Mitbestimmung funktioniert gut in Deutschland, aber sie ist sehr technokratisch. Ich glaube nicht, dass sie besonders hilfreich ist, aber es ist nun mal so. Wir lernen.
PSA verbindet eine lange Geschichte mit Iran. Nun hat sich das Unternehmen dazu entschlossen, das Land zu verlassen, nachdem die USA aus dem Atomabkommen ausgestiegen sind und erneut Sanktionen verhängt haben. Ist das mit Kosten verbunden?
Nicht wesentlich, denn alles wurde bereits in der ersten Jahreshälfte verbucht. Bei Governance und Compliance ist eine klare Haltung erforderlich, also sind wir gegangen.