Bald zehn Jahre ist Daimler im Carsharing-Geschäft dabei. 2008 startete der erste Pilot in Ulm. Längst sind die Flitzer zur Kurzzeitmiete – in erster Linie Smarts – nicht mehr nur in Ulm, um Ulm und um Ulm herum im Einsatz, sondern in sieben deutschen Städten und 26 Metropolen weltweit. Rund 2,2 Millionen Mitglieder hat der Dienst. Ein Erfolgsmodell also? Nein. Vielmehr ein teures Übergangskonzept auf der Suche nach einem profitablen Geschäftsmodell.
Medienberichten zufolge stehen Daimler und BMW nun unmittelbar davor, ihre Carsharing-Dienste zu vereinen. Wie das Handelsblatt berichtet. wollen Daimler-Chef Zetsche und BMW-Chef-Krüger "zeitnah" über eine Carharing-Fusion sprechen.
Nach Informationen des Blatts aus Industriekreisen wollen sich die Konzernchefs Harald Krüger und Dieter Zetsche noch in dieser Woche treffen, um über den lange geplanten Zusammenschluss der beiden Carsharing-Marken "DriveNow" und "Car2go" zu beraten.
Auch der Taxivermittler MyTaxi und die Mobilitätsplattform Moovel sollen wohl Teil der Allianz werden, wie andere Medien von einigen Monaten berichteten. Der Mobilitätsverbund soll auch neuen Partnern offenstehen.
Die Fusion wäre mehr als sinnvoll, denn bisher hat Daimler-Chef Dieter Zetsche am Carsharing rein finanziell wenig Freude - oder wie er im Juli 2016 noch ausdrückte: „Wir sind mit Car2go schnell gewachsen, haben dann aber gemerkt, dass wir daran arbeiten müssen, profitabler zu werden.“ Sprich: Das Carsharing trägt sich nicht selbst. Derzeit liegt der Umsatz von Car2go nach Expertenschätzungen bei etwa 200 Millionen Euro im Jahr. 2015 wiesen vier von elf Tochtergesellschaften insgesamt einen Verlust von 64 Millionen Euro aus. Seit 2016 sind selbst die Zahlen der vier namentlich genannten Töchter nicht mehr im Geschäftsbericht enthalten. Wohl aus gutem Grund.
Daimler leistet sich also eine teure Spielwiese. Doch die ist notwendig, um Kunden nicht nur an die Marken Smart und Mercedes, sondern vor allem an Buchungs- und Bezahlvorgänge via Smartphone heranzuführen und so schließlich neue digitale Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Ganz nebenbei sammelt Daimler so jede Menge Daten. Die sich – wie BMW vormacht – anDritte weiterverkaufen lassen (Automobilwoche 12/2017) und ganz neue Kooperationen ermöglichen. Darauf deutet die kürzlich mit sechs weiteren deutschen Großkonzernen ins Leben gerufene Datenplattform hin. So sollen sich Kunden künftig einfacher online für branchenübergreifende Services registrieren können.
Auf einem ganz anderen, aber nicht weniger wichtigen Blatt stehen die Vorteile für Smart. Die Marke stellt das Gros der Car2go-Fahrzeuge, boostet damit ihren Absatz und drückt gleichzeitig wirkungsvoll den CO2-Flottenschnitt der Schwaben.
Zetsche schlägt strategisch so mehrere Fliegen mit einer Klappe. Die Frage nach dem tragfähigen Geschäftsmodell bleibt. Doch eine Lösung steht schon im Raum. Es wird wohl keine „Hochzeit im Himmel“, wie Daimlers Ex-Chef Jürgen Schrempp einst die Fusion mit Chrysler anpries, sondern ehereine Digital-Liaison aus rationalen Gründen.