„Mit dem Werk in Charleston werden die USA zu unserem dritten Heimatmarkt“, sagte Volvo-Chef Hĺkan Samuelsson am 20. Juni 2018. Der Standort Charleston nimmt im Herbst 2018 die Produktion der neuen Sportlimousine Volvo S60 auf. Beides zusammen ein wichtiger und großer Schritt für die Schweden. Und einer den sie mit großem Medienaufgebot feiern. Doch hinter den Kulissen tut sich bei Volvo noch weitaus mehr.
Schwedens Industrie-Ikone Volvo Cars steht vor dem Börsengang. Der chinesische Eigentümer Geely hält acht Jahre nach der Übernahme den Zeitpunkt für gekommen, mit der milliardenschweren Investition in eine neue Phase zu treten. (Lesen Sie hier: Das Reich des Li Shufu)
30Milliarden Dollar will Geely dem Vernehmen nach durch die Notierung einnehmen – Geld, das unter anderem auch für die ehrgeizigen Pläne von Geely-Chef Li Shufu bei Daimler nötig ist.
Kann das gut gehen?, fragten sich im März 2010 nahezu alle Branchenexperten, als der damals noch weitgehend unbekannte chinesische Auto- und Motorradhersteller den traditionsreichen, aber chronisch defizitären Schwedenstahl-Verbauer übernahm. Der damalige Volvo-Eigner Ford stand durch die Finanzkrise schwer unter Druck und rief zum Schlussverkauf seiner Fremdmarken auf. Damals gingen auch Jaguar Land Rover, Aston Martin und Fords Mazda-Anteil zum Schnäppchenpreis über die Ladentheke. Volvo Cars gab es für heute läppisch erscheinende 1,3 Milliarden Euro.
Es ist gut gegangen. In Göteborg begegnet man allerorten tatkräftigen und selbstbewussten Mitarbeitern. „Geely ist ein sehr guter Eigentümer für Volvo geworden, und das ist ziemlich genau das Gegenteil von dem, was jeder am Anfang gedacht hat“, sagt Volvos Vorstandschef Hĺkan Samuelsson.
Wenn der stets gelassene Schwede gefragt wird, ob die Marke Volvo durch die Ehe mit Geely nicht an Strahlkraft eingebüßt hat, dann wird er ausnahmsweise einmal etwas lauter: „Unser Unternehmen ist durch den chinesischen Eigentümer noch schwedischer geworden. Geely liebt genau das, denn eine weitere chinesische Marke braucht die Gruppe nicht.“
Die wichtigsten Trümpfe der Ehe mit China listete Samuelsson jüngst auf: „Geely gab uns mehr Freiheit, öffnete uns Türen zum chinesischen Markt, und unsere kleinere Plattform CMA für das Kompakt-SUV XC40 haben wir gemeinsam mit Geely entwickelt.“