Herr Wendt, Sie sind seit Oktober BMW-Vorstand für Einkauf und Lieferantennetzwerk. Als Werkleiter war Ihr Thema stets die „Operational Excellence“. Was können Sie davon in die neue Position übertragen?
Alles. Flexibilität, Lieferfähigkeit, Nullfehlerqualität, Effizienz und Innovation – das sind für mich die wesentlichen Erfolgsfaktoren. Sie sind Basis für ganzheitliche Exzellenz. Ich sage immer: Wenn Sie dieHausaufgaben frühzeitig gemacht haben, haben Sie genug Zeit, um Zukunftsthemen und Innovationen voranzutreiben.
Operational Excellence setzt akribische Entwicklungspläne und -zyklen voraus. Nun machen immer neue politische und gesetzliche Vorgaben eine klare Planbarkeit schwerer. Macht es das auch für Sie schwerer?
Operative Exzellenz ist kein Widerspruch zu Flexibilität. Ich schaffe ja Freiräume dadurch. Es ist richtig: Die individuellen politischen Rahmenbedingungen und gesetzlichen Vorgaben in den einzelnen Ländern machen unsere Arbeit sicher nicht leichter.
Früher haben Hersteller Hardware eingekauft, heute sind es Hard- und Software sowie Dienstleistungen. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Wenn wir unsere D-ACES-Strategie anschauen, also autonomes Fahren, Connectivity, Elektromobilität, Services – und das Fahrzeugdesign –, dann liegt vor uns eine fantastische Welt. Gleichzeitig spreche ich mitPartnern, die nicht mehr aus dem traditionellen Automobilbau kommen, sondern aus der IT oder der Consumer Electronic. Das macht es komplex. Es sind Partner, bei denen wir dazulernen, was zum Beispiel Innovations- und Produktzyklen angeht. Und umgekehrt lernen die Partner bei uns,was höchste Qualitätsanforderungen im Automobilbau oder Gewährleistungen bedeuten.
Sind in der Lieferantenstruktur verstärkt Asiaten dabei?
Asien ist ein wichtiger Einkaufsmarkt für uns. Meine ersten Reisen gingen dorthin. Unter anderem zu Batteriezellherstellern.
Aktuell beginnt ein Rennen um die Rohstoffe für Batterieakkus. Die Chinesen haben sich halbe Länder unter den Nagel gerissen. Wie kommt BMW da zurecht?
Wir sind gut abgesichert. Wir sind ein Pionier in der Elektromobilität und haben hier eine langjährige Expertise.
Pionier zu sein heißt nicht, auch abgesichert zu sein.
Bei der langfristigen Absicherung mit Rohstoffen stehen für uns finanzielle Planbarkeit, Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit im Fokus. Die Zellen beziehen wir von Samsung SDI und CATL. Und die Batterien fertigen wir ja selbst. Unsere Hochvoltspeicher sind zu 100 Prozent aus eigener Fertigung. Außerdem haben wir ein eigenes Kompetenzzentrum für die Entwicklung von Batteriezellen, um die Beurteilungskompetenz im Haus zu halten. Diese Strategie hat sich bewährt.
Stichwort Brexit: BMW ist mit vier Werken auf der Insel besonders betroffen.Sind Sie vorbereitet?
Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet. Wir haben zum Beispiel die jährliche Wartungsperiode in unseren vier UK-Werken auf April vorgezogen. Das gibt uns Spielraum für einen geordneten Übergang. Ein scheibchenweise verschobener Starttermin wäre für uns kein gutes Szenario.
Also lieber ein harter Brexit als eine Hängepartie?
Klar ist, dass sich ein No-Deal-Brexit nachteilig auf unsere Geschäftstätigkeit auswirken würde.
Sind vier Werke überhaupt noch sinnvoll in England?
Unser Grundsatz lautet: Die Produktion folgt dem Markt. Großbritannien ist der viertgrößte Markt für uns. Wir fühlen uns dort durch zwei Marken auch emotional verbunden. Generell gilt: Wir stehen für weltweiten Freihandel und barrierefreien Marktzugang. Und wir nutzen die globalen Einkaufsmärkte. Das hat sich bewährt.
2018 war geprägt von WLTP-Problemen. Auch BMW musste Modellvarianten herausnehmen. Im September 2019 kommen RDE und EVAP hinzu. Wird das wieder ein Problem?
Die WLTP-Umstellung ist bei uns frühzeitig und reibungslos verlaufen. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und Motoren und Fahrzeuge geliefert, die die Normen erfüllen. Das wird auch so bleiben. Auch wenn die Anforderungen auf der technischen Seite sicher immens waren und sind.
Was haben Sie Ihren Kollegen zum Start als Einkaufsvorstand gesagt?
Exzellente Qualität ist ein Versprechen gegenüber dem Kunden. Und Führung ist das A und O für Qualität – sowohl auf OEM-Seite als auch bei unseren Partnern. Wir spielen ein professionelles Tiki-Taka miteinander, um gemeinsam erfolgreich zu sein.
Das Interview führte Burkhard Riering
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