Frankfurt/Main. Elektromobilität soll ein Markenzeichen von VW werden. Bis 2020 will die Marke Volkswagen ihre elektrische Modellpalette deutlich ausbauen. Laut Entwicklungsvorstand Frank Welsch gebührt rein elektrischen Autos die Priorität im Unternehmen. Hybride und Plug-ins gelten als „Brückentechnologien“.
Herr Welsch, die Kaufprämie für Elektroautos ist beschlossen. Erwarten Sie jetzt einen Absatzschub?
Wir begrüßen es, dass es dieses klare Bekenntnis zur Elektromobilität gibt. Die Kaufprämie wird hoffentlich dazu beitragen, dass sich deutlich mehr Kunden als bisher für ein Elektrofahrzeug entscheiden.
Hat VW Pkw denn genug Modelle, um davon zu profitieren?
Volkswagen hat den E-Golf und den E-Up am Start. Wir werden die beiden Modelle weiter pflegen. Ende 2016 wird der E-Golf beispielsweise mit einer Reichweite von rund 300 Kilometern kommen. Damit wird der E-Golf nach unserer Einschätzung auch als Erstauto akzeptiert. Bis 2020 wird unsere elektrische Modellpalette deutlich ausgebaut. Dazu entwickeln wir, wie bereits angekündigt, neben dem Modularen Querbaukasten gerade mit Hochdruck den Modularen Elektrifizierungsbaukasten – kurz MEB genannt.
Hybrid, Plug-in-Hybrid und voll elektrisch – die Antriebe existieren nebeneinander. Wie lange wird man alles anbieten können?
Wir können auf Dauer nicht alles parallel machen, dafür sind die Kosten und der Aufwand zu hoch. Wir werden uns deshalb mit dem MEB auf rein elektrische Fahrzeuge fokussieren. Das ist unsere Priorität. Kompromisse werden langfristig nicht zielführend sein.
Und Plug-ins und Hybride?
Sind Brückentechnologien, die wir mit dem MQB sehr gut abdecken können. Denken Sie beispielsweise an den Golf GTE und den Passat GTE.
Thema Wertschöpfung: Können Volumenhersteller vom Trend zum digitalen, vernetzten Fahren profitieren?
Ab dem Jahr 2020 besteht nach unserer Einschätzung die Wertschöpfung eines Autos im Volumensegment zu fast 50 Prozent aus Elektrik und Elektronik. Neben den bekannten Assistenz- und Sicherheitssystemen kommen jetzt verstärkt Funktionen ins Fahrzeug, die das pilotierte Fahren unterstützen. Wichtig ist es, dass wir die neuen Entwicklungen dazu nutzen, den Kunden stärker an uns zu binden.
Wie soll das funktionieren?
Wir verkaufen ihm nicht mehr nur ein Auto und sehen ihn gelegentlich noch zur Wartung oder zum Reifenwechsel. Wir begleiten ihn zukünftig über Jahre permanent, indem wir ihm neue Mobilitätsservices anbieten. Zusätzliche Funktionen, vorgerüstet im Fahrzeug, können auf Kundenwunsch freigeschaltet werden, wann immer es der Kunde möchte. Das Auto ist Bestandteil einer digitalen Welt und Teil eines vernetzten Mobilitätssystems.
Vorrüstungen bietet Tesla im Premiumsegment schon. Funktioniert das auch im Volumensegment?
Tesla spricht mit seinen hochpreisigen Fahrzeugen besonders progressive Kunden an. Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie vorgebaute Funktionen tatsächlich zubuchen. Bei Volumenherstellern ist das ein schwierigeres Thema. Wir können erst einmal nicht davon ausgehen, dass ein Kunde viele der neuen Funktionen nachbucht. Wir können auch nicht Hardware für mehrere Hundert Euro als Vorhalt ins Auto hineinpacken und hoffen, dass es sich im Laufe der Fahrzeuglebensdauer schrittweise rentiert. Unsere Möglichkeiten sind im Volumensegment sehr begrenzt, denn wir können unsere Autos deswegen auf keinen Fall teurer machen. Hier gilt es, die richtige Balance zu finden.
Frank Welsch, 51, ist seit Ende 2015 Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen.