In dieser schwierigen Lage kommt vielen Zulieferern zugute, dass sie ihre Lektion aus der Krise 2008/2009 gelernt haben. Seinerzeit sind etliche Unternehmen wegen zu geringer Eigenkapitalreserven unter Druck geraten. Hier haben die Zulieferer nachgebessert. "Doch die Veränderungen bei den Antriebsformen in Richtung Elektromobilität kommen derzeit so rasant, dass die Unternehmen oft gar nicht schnell genug ihr Portfolio umbauen können. Vielen fehlt einfach die Zeit für eine Neuausrichtung", so Kalmbach.
Im Vergleich zur damaligen Krise aber haben die Zulieferer jetzt früher damit begonnen, Sparprogramme aufzusetzen und entsprechende Schritte einzuleiten. Beispiel Mann+Hummel: Der Filterspezialist hatte im Februar ein Sparprogramm angekündigt. Kurz darauf teilte der nun ausgeschiedene Geschäftsführer Werner Lieberherr mit, dass 1200 Stellen abgebaut werden – 300 davon in Deutschland.
Schaeffler weitet seinen Arbeitsplatzabbau aus. Im März war klar geworden, dass in der Autosparte 900 europäische Stellen wegfallen, 700 davon in Deutschland. Nun kommt ein Abbau von bis zu 1300 deutschen Arbeitsplätzen hinzu, von dem Auto- und Industriesparte betroffen sind.
Auch Continental macht sich mit einem weitreichenden Umbauprogramm krisenfest. Der von Vorstandschef Elmar Degenhart geführte Konzern kündigte die Streichung Tausender Stellen und mögliche Verkäufe von Sparten an. Doch es wird nicht nur gespart, sondern gleichzeitig in E-Mobilität und Software investiert. Weltweit dürften bis zum Jahr 2023 rund 15.000 Jobs von den Veränderungen betroffen sein, davon 5000 in Deutschland.
Bis zum Jahr 2029 stehen sogar 20.000 Stellen auf dem Spiel, davon 7000 in Deutschland. Conti will die jährlichen Bruttokosten ab 2023 um 500 Millionen Euro senken.
Angesichts der schleppenden Autokonjunktur führt der Zulieferer ZF Friedrichshafen Gespräche mit den Betriebsräten zur Zukunft einzelner Standorte. Der Betriebsrat am Saarbrücker Getriebe-Standort befürchtet den Verlust von mehr als 2000 Jobs ab 2023, was ZF aber nicht bestätigt.
ZF-Chef Wolf-Henning Scheider schließt jedoch den Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland nicht grundsätzlich aus. "Es kann sein, dass wir uns in den nächsten Jahren darauf einstellen müssen, dass das deutsche Exportmodell beispielsweise aufgrund von Zöllen nicht mehr funktioniert", sagte er in einem Zeitungsinterview.
ZF gehört zu dem Teil der Branche, der verhältnismäßig gut durch die nächsten Jahre kommen dürfte: zu den großen Zulieferern. Härter wird es für die kleinen, mittelständischen Firmen. Während die Fahrzeughersteller den Transformationsprozess wohl eher mit den Branchenriesen angehen, die über starke Entwicklungsabteilungen und ein breites Partnernetzwerk verfügen, wird es für die Kleinen brenzlig. "Die kleineren Unternehmen und den Mittelstand wird es voraussichtlich relativ hart treffen", befürchtet Kalmbach. Viele hätten es in Zeiten der Hochkonjunktur vernachlässigt, sich auf den fundamentalen Wandel der Autobranche einzustellen.
Wie wichtig in dieser Situation Partnerschaften sind, betont Henning Rennert, Partner bei Strategy&, der Strategieberatung von PwC. "Es gibt ein paar Zulieferer, die das Arbeiten mit Partnern sehr strategisch betreiben. Das sind, bildlich gesprochen, die Spinnen im Netz, die die Technologietrends setzen." Bosch, Continental, Denso, Faurecia, Valeo und ZF sind für Rennert positive Beispiele.
Viele andere hätten es sich hingegen in der Rolle des Systemintegrators bequem gemacht, werden diese aber künftig nicht mehr ausüben können. "Sie werden nur noch Technologienehmer sein und in der Wertkette als Lieferant zweiter oder dritter Ordnung einsortiert", so der PwC-Berater.