Vielen Autobauern läuft bei der Reduzierung ihres CO2-Flottenwerts die Zeit davon. Strafzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe werden für einige Hersteller in Europa immer wahrscheinlicher. In der Not greifen Autobauer jetzt auf eine umstrittene Möglichkeit der europäischen CO2-Regulierung zurück: das sogenannte CO2-Pooling. Dabei können mehrere Marken einen Pool bilden, dessen CO2-Flottenbilanz gemeinsam ermittelt wird.
Anfang April wurde durch eine EU-Veröffentlichung bekannt, dass Fiat Chrysler Automobiles (FCA) mit dem US-Elektroautopionier Tesla einen solchen „offenen Pool“ gebildet hat. Beide Hersteller kommentieren die Vereinbarung nicht, doch es gilt als sicher, dass Fiat Chrysler für die Unterstützung durch Tesla mehrere Hundert Millionen Euro an die Kalifornier zahlt.
Eine vergleichbare Vereinbarung haben der EU-Mitteilung zufolge auch Mazda und Toyota geschlossen. Dies ist allerdings weniger ungewöhnlich, da Toyota fünf Prozent an Mazda hält.
FCA will durch das Pooling mit Tesla eine drohende milliardenschwere CO2-Strafzahlungsrechnung mindern. Nach Berechnungen des Investmentdienstleisters Jefferies Group müsste FCA bei einer unveränderten CO2-Bilanz ab 2020 rund zwei Milliarden Euro jährlich an Strafen bezahlen.
Einer Studie von PA Consulting zufolge steuert FCA auf ein Debakel zu. Der Autobauer werde das für 2020/2021 vorgegebene Ziel von 95 Gramm CO2 pro Kilometer voraussichtlich um 6,7 Gramm und damit stärker als jeder andere untersuchte Autobauer überschreiten.
Im Schnitt lagen die CO2-Flottenwerte der Autobauer im Jahr 2018 bei 120,5 Gramm. Damit legte der Wert erstmals seit Jahren wieder zu. 2017 hatte er bei 118 Gramm gelegen. Die Gründe dafür: der massive Rückgang des Dieselantriebs im Neuwagengeschäft und der ungebremste Trend zu SUVs.
„Die anspruchsvollen CO2-Ziele zwingen die Hersteller zu kostspieligen Investitionen in die Elektrifizierung“, sagt Dave Leggett von GlobalData. „Aber das allein wird nicht bei allen Herstellern ausreichen. Es besteht kaum Zweifel daran, dass einige Hersteller die Vorgaben verfehlen werden und Hunderte von Millionen Euro Strafe zahlen müssen.“ Leggett erwartet daher noch etliche weitere Pooling-Fälle: „Andere Unternehmen werden dem Beispiel folgen.“
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