München. Vor zehn Jahren war es ein revolutionärer Ansatz, mit Daten des Bremssystems und des ESP Unfälle schon vor dem Aufprall vorauszuahnen und unter anderem die Gurte vorab zu straffen. Unverzichtbares Element dabei: die reversible Gurtstraffung per Elektromotor mit einem System, das TRW entwickelte. Wird der Crash unmittelbar vor dem Aufprall doch noch abgewendet, sind die Straffer sofort wieder einsatzbereit. Heute findet sich diese Technik bis hinunter zur Golf-Klasse. Den nächsten Schritt beschreibt Uwe Claas, der bei TRW für aktive Rückhaltesysteme zuständig ist: Wenn Kamera- und Radarsensoren eine 360-Grad- Rundumsicht erlauben, „können wir einen möglichen Aufprall aus allen Richtungen erkennen und die Rückhaltesysteme entsprechend aktivieren“. Gezielter und früher: Im Idealfall werde der Fahrzeuginsasse durch die Gurtstraffung in den Sitz hineingezogen und in eine bessere Position zu den Airbags gebracht, bevor ihn die Verzögerungskräfte des Crashs nach vorne schleudern. Mit mehr Vorwarnzeit lasse sich der gesamte Ablauf gezielter steuern. Mit aktuellen Systemen, bei denen TRW ein neues, aktives Gurtschloss mit Daten der automatischen Notfallbremse ansteuert, lasse sich die Vorverlagerung des Kopfes um 50 Prozent reduzieren, so Claas. Das aktive Gurtschloss (ABL, „Active Buckle Lifter“) feierte als Komfortfunktion Premiere im Fond der S-Klasse, wo es zum leichteren Angurten um gut zehn Zentimeter in die Höhe gefahren wird. Übernehmen könnte das ABL aber auch die Gurtstraffung unmittelbar vor dem Crash.
Sicherheit
Wertvolle 0,6 Sekunden
Zehn Jahre nach dem Start in der S-Klasse von Mercedes-Benz bietet das Pre-Safe-Konzept immer noch Optimierungspotenzial. Heute „ahnen“ solche Systeme schon 15 Unfallszenarien kurz vor dem Aufprall voraus und straffen beispielsweise Gurte frühzeitig – zu Beginn waren es erst drei Unfallszenarien. Nun wollen Entwickler von TRW und Daimler auch die restlichen Szenarien abdecken und den drohenden Crash noch früher erkennen. „Die letzten 600 Millisekunden vor dem Aufschlag sind sehr wertvoll, um die Insassen besser zu schützen“, erläutert Daimler-Sicherheitsexperte Michael Fehring.