Die teure Technik fürselbstfahrende Autos zwingt Hersteller und Zulieferer, bei ihrer Entwicklung zweigleisig zu fahren. Sie müssen für privat genutzte Pkw und große kommerzielle Flotten von Uber, Lyft oder den Mobilitätsdienst von Daimler und BMW gleichermaßen entwickeln.
Der weltgrößte Zulieferer Bosch hat dafür zwei unterschiedliche Geschäftsmodelle entwickelt: automatisierte Technik für Level 3 und selbstfahrende Technik für Level 4/5. "Für den Privat-Pkw gibt es ein bestimmtes Budget-Limit. Wenn die Technik im Auto noch mal so viel kostet wie das Auto selbst, wird sich das keiner leisten", sagt Michael Fausten, Entwicklungsleiter automatisiertes Fahren Level 4/5 bei Bosch. Anders ausgedrückt: „Um den Preis des Fahrzeugs im Rahmen zu halten, können wir nur eine begrenzte Funktionalität zur Verfügung stellen. Wir denken, die Grenze ist derzeit Level 3.“
Wie teuer ein Level-3-System tatsächlich sein wird, vermag Fausten noch nicht zu sagen. Experten gehen von 5000 bis 9000 Euro aus. Zum Vergleich: Ein Abstandsregeltempomat (ACC) ist für 1000 bis 2000 Euro zu haben.
Level 3 – also der Autobahnpilot, den beispielsweise BMW 2021 im iNext auf den Markt bringen will, soll bis zu 130 km/h auf Autobahnen fahren können. Auch Daimler arbeitet an einem Level-3-Piloten, der voraussichtlich in der nächsten S-Klasse auf den Markt kommen wird. Beide Premiumhersteller haben sich zudem jetzt für eine Kooperation zusammengeschlossen, um die nächsten Generation von Fahrerassistenzsystemen und Level 3-Systemen gemeinsam zu entwickeln.
Der Unterschied zwischen Level 3 und Level 4 ist die Komplexität des Verkehrs, der auf Autobahnen geringer ausfällt als in Städten. Um Radfahrer, Fußgänger und vieles mehr erfassen zu können, ist viel Rechenleistung und Sensorik nötig. "Ich bin ehrlich: Das sprengt den Rahmen dessen, was Sie und ich in unser privates Fahrzeug zu investieren bereit wären", sagte Fausten im Gespräch mit der Automobilwoche. Zahlen nennt er allerdings nicht.
Da Hard- und Software in der Testphase stecken und noch keine Skaleneffekte erzielt werden können, kostet die Aufrüstung von Fahrzeugen mit Level-4/5-Technik derzeit 25.000 bis 100.000 Euro, so ein Experte, der Zulieferer beim autonomen Fahren berät.
Zunächst geht es bei Level-4/5-Systemen darum, die Basis zu entwickeln, egal ob für Taxi, Shuttle oder Lieferservice: "Die Grundtechnologie mit der entsprechenden Sensorik und Entscheidungslogik bleibt dieselbe", so Bosch-Manager Fausten.Verdient wird nachher, wenn das Auto im Betrieb ist: "Das Level-4/5-Geschäftsmodell amortisiert sich durch die Nutzung pro Kilometer."
Die Sorge, am Ast zu sägen, auf dem man sitzt, wenn Bosch den Wechsel vom Autokauf zum Carsharing unterstützt, treibt Fausten nicht um: Zwar „werden viel weniger Fahrzeuge gebaut, weil viel weniger gleichzeitig gebraucht werden“. Aufgrund der intensiveren Nutzung verringert sich jedoch deren Lebensdauer. „Das kompensiert wiederum, dass wir weniger Fahrzeuge auf den Straßen haben. Wir gehen davon aus, dass sich das die Waage hält“, so Fausten. Er rechnet bei den Autos der Mobilitätsdienste mit Fahrleistungen von 300.000 Kilometer, bis sie ersetzt werden – ähnlich wie heute schon bei Taxis.
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