Was der Sitz der Zukunft können wird

Das autonome Fahrzeug verspricht seinen Insassen mehr Flexibilität. Sie müssen nicht mehr in Fahrposition sitzen, sondern können ebenso gut E-Mails schreiben oder einen Film schauen. Auf all dies müssen die Autositze vorbereitet werden – viel Arbeit für die Entwickler. „Sitzergonomie betrifft künftig nicht nur das Fahren, sondern auch Arbeiten und Relaxen“, sagt Frank Urban, Leiter des Design-Studios für Autositze bei Faurecia. Für den Manager bedeutet dies, „dass bestimmte Funktionen, die bislang in der Instrumententafel oder der Mittelkonsole verortet sind, näher an oder in den Sitz wandern“.

So erreichen Insassen wichtige Funktionen wie die Klimaanlage oder Multimedia auch, wenn von ihnen eine Liegeposition eingenommen wird. Mehr Flexibilität ist auch bei der Sitzverstellung zu erwarten. So könnte der Sitz drehbar sein, damit die Mitreisenden untereinander kommunizieren können. Längere Verstellwege erlauben es zudem, die Beine auszustrecken.

Die größere Anzahl an Optionen hat Folgen: „Da die Anzahl anVerstelloptionen zunimmt, wird auch die Komplexität der Bedienung drastisch steigen“, erwartet Urban. So werden bestimmte Bedienmöglichkeiten kombiniert, synchronisiert oder automatisiert. „Der Sitz wird stärker mit dem Interieur verschmelzen“, glaubt Urban. Für ihn ist klar, dass im Zentrum der Sitzentwicklung künftig wenigerder Fahrer, sondern jeder Nutzer stehen wird.

Auch die Adient-Tochter Recaro Automotive Seating arbeitet daran, den Sitz deutlich wandlungsfähiger zu machen. „Wir werden ihn vom funktionalen Fahrersitzplatz weiterentwickeln zum Relax-Komfortmöbel mit Lounge-Charakter“, erklärt Markus Kussmaul, der bei dem 2016 aus Johnson Controls ausgegliederten Sitzehersteller Adient unter anderem verantwortlich ist für das weltweite Geschäft von Recaro Performance Car Seating.

Das bedeutet für den Recaro-Manager, dass vor allem in puncto Komfort andere Prioritäten gesetzt werden. So wird der Sitz drehbar sein, und die Entspannung der Passagiere steht im Mittelpunkt. „Aus ergonomischerSicht gehören dazu Features wie schwenkbare Sitzseitenwangen, Massagefunktionen und auch Kopfstützen mit erweiterten Einstellmöglichkeiten für Ruhepositionen“, erläutert Kussmaul.

Auch wenn sich die Sitzpositionen ändern, eine Entwicklung der vergangenen Jahre hält an: Der Leichtbau bleibt ein wichtiger Treiber der Interieur-Entwicklung. Durch den Einsatz neuer Technologien sei es Adient in den vergangenen zehn Jahren gelungen, das Gewicht seiner Fahrzeugsitze um 20 bis 30 Prozent zu verringern, sagt Adient-Technikvorstand Detlef Jürss. „Bis 2020 hat sich Adient darüber hinaus das Ziel gesetzt, das Gewicht für Standard-Sitzsystemstrukturen auf unter zehn Kilogramm zu reduzieren.“

Kern der Gewichtsreduzierungen ist ein Multi-Material-Ansatz. Dieser sorgt dafür, dass der Anteil an Leichtbaumaterialien wie glasfaserverstärkte Kunststoffe, Carbon, Magnesium oder Aluminium in den Sitzen weiter zunimmt.