Warum es Autohersteller winzig lieben

Das größte Autowerk im Land steht nicht in Wolfsburg, Stuttgart oder München, sondern in Dietenhofen. Denn in der fränkischen Kleinstadt laufen beim Spielwarenhersteller Herpa jedes Jahr rund vier Millionen Fahrzeuge vom Band.

Zugegeben, der Vergleich mit VW, Mercedes oder BMW mag ein wenig hinken, weil die Technik bei den Fahrzeugen aus Franken weniger komplex ist, der Preis viel niedriger liegt und Investi­tionen gemessen am Aufwand derAutohersteller verschwindend gering sind. Doch längst sind Modellautos, für die in Deutschland über alle Maßstäbe hinweg nach Schätzungen von Experten jährlich rund 500 Millionen Euro ausgegeben werden, mehr als Kinderspielzeug oder Sammlerstücke. Sie sind auch für den Hersteller des Originals Werbeträger und Einnahmequelle, weshalb es zwischen den beiden Welten eine enge Verflechtung gibt.

Die Beziehung beruht auf wechselseitigem Interesse: Die Hersteller der Originale sind zum einen gute Kunden, die selbst große Auflagen an Modellautos bestellen, um sie als Werbeträger zu verschenken oder als Accessoires in den Autohäusern zu verkaufen. Und zum anderen wollen sie an den Miniaturen mitverdienen und verlangen deshalb zum Teil stattliche Lizenzgebühren, die je nach Marke und Modell nach Insiderangaben bei bis zu 15 Prozent des Verkaufspreises liegen.

Zu guter Letzt haben Audi, Ferrari & Co. natürlich ein Interesse daran, dass die Modelle möglichst gut aussehen und entsprechend nah am Original sind. Viele Fahrzeughersteller geben die Spielzeugautos deshalb auch nur nach einer Endkontrolle durch die Designer des Originals zur Massenproduktion en miniature frei.

Auf der anderen Seite sind die Spielwarenhersteller auf den guten Draht nach München, Stuttgart oder Maranello angewiesen. Denn die bis zu 250.000 Euro hohen Investitionen in ein neues Modell sollen durch offizielle Konstruktionsskizzen und CAD-Daten abgesichert sein. Außerdem können Herpa, Wiking oder Matchbox nur dann eine zeitnahe Premiere ihrer Petitesse sicherstellen, wenn sie vom Hersteller vorab mit allen nötigen Unterlagen versorgt werden.

Ist erst einmal ein grundsätz­liches Einvernehmen erzielt, öffnen die großen Hersteller den kleinen Tür und Tor und Unternehmen wie Herpa können ihren größten Vorteil ausspielen: Sie sind um Längen schneller als die Hersteller der großen Autos. Während die Entwicklung eines neuen Fahrzeugs im Original mehrere Jahre braucht, schaffen sie Design­anpassung und Formenbau in rund zehn Wochen, heißt es bei Herpa. Und wo die großen Autohersteller ihre Produktionszeit in Stunden messen, rechnen die ­kleinen in Sekunden: Bis aus 26 Einzelteilen ein Audi A3 montiertist, dauert es in Dietenhofenzum Beispiel kaum mehr als 50­Sekunden. So kommt man schnellauf vier Millionen Autos im Jahr.