Vom Sorgenkind zur Schönheitskönigin

Es ist nicht lange her, da galt Seat in der Wolfsburger Konzernzentrale als Problemkind. Die spanische VW-Tochter verdiente weder Geld noch verfügte sie über eine attraktive Modellpalette. Dann kam die globale Finanzkrise, die Spanien sehr hart traf. Schnell machten Gerüchte über einen Verkauf der VW-Marke die Runde.

Doch die Mutter in Niedersachsen hielt schützend die Hand über ihre Tochter. "Ein krankes Kind in der Familie verstoßen Sie nicht, wenn es mal krank ist", sagte einst der ehemalige Volkswagen-Vorstandschef Ferdinand Piëch. Damit war das Schicksal von Seat besiegelt – zum Guten, wie sich im Nachhinein herausstellt. Heute steht Spaniens einzige Automarke blendend da und erwirtschaftet Gewinn. 2016 war mit 408.700 Verkäufen das beste Jahr der Firmengeschichte.

Träger des Erfolgs ist hauptsächlich der Leon, den viele in der Branche für den "schöneren Golf" halten. Das Kompaktmodell fährt in Deutschland nach Golf, A3 und Astra bereits auf Platz vier im Segment. Weiteres Wachstum soll ein breiteres Modellportfolio bringen. Seats Marktabdeckung in Europa lag 2015 bei nur 53 Prozent. "Wir streben für dieses Jahr 72 Prozent an", sagt Deutschland-Chef Bernhard Bauer. Die Lösung hierzu heißt – wie bei vielen anderen Herstellern auch – SUVs. Schon die Einführung des Ateca im vergangenen Jahr hat viele neue Kunden zur Marke gebracht. Im Segment darunter bringt Seat den Arona. Für 2018 steht ein weiteres Modell auf dem Plan. Dieses Mal in der Klasse über dem Ateca. Das circa 4,70 Meter lange SUV wird ein Siebensitzer und soll angeblich Vigo heißen. Gebaut wird das Fahrzeug in Wolfsburg.

Seit vergangener Woche ist der Ibiza auf dem Markt, das Modell im VW-Konzern, das als erstes – noch vor dem Polo – die MQB-A0-Architektur erhielt. Erstmals will Seat in diesem Segment alternativ einen Erdgasmotor anbieten (Debüt: Herbst).

"CNG wird wiederkommen", sagte Seat-Vorstandschef Luca de Meo kürzlich der Automobilwoche. Für 2018 steht die Ablösung des Alhambra auf dem Plan. Der Familienvan erfreut sich auch am Ende seines Lebenszyklus großer Beliebtheit. "Wir hatten 2016 den höchsten Verkaufsanteil überhaupt", sagt Bauer. Intern steht der praktische Van dennoch zur Diskussion. Braucht Seat bei einem siebensitzigen SUV wie dem Vigo noch einen Van?

2019 fährt der nächste Leon aufs Podium. Seats Bestseller in der Golf-Klasse wird dann von der neuesten Auflage der MQB-Plattform inklusive deren Systeme für Assistenz und Konnektivität profitieren. Gerade bei letzterem Thema will die spanische Marke ganz vorn mitspielen. Der Grund: Seat hat mit Abstand das jüngste Käuferprofil im Konzern – und in Barcelona sogar ein eigenes Digitalisierungszentrum gegründet. Dort sollen Start-ups ihre Ideen einbringen.

Neben dem drei- und fünftürigen Leon sowie dem Kombi ST plant Seat ein neues Derivat. Dabei könnte es sich um ein sehr sportlich positioniertes Coupé handeln. In Martorell hält man sich hierzu bedeckt, rückt nur mit dem Erscheinungsjahr heraus: 2020.

Ein Jahr zuvor ist die Neuauflage des City-Flitzers Mii dran. Davon will Seat noch im selben Jahr ein Elektro-Derivat vorstellen. Es wäre das erste E-Auto der Spanier. Das Design soll sich dabei vom normalen Mii bewusst abgrenzen.

Neue Grenzen lotet Seat in der Erschließung weiterer Märkte aus. Verkauft werden die Modelle derzeit in knapp 80 Länder, darunter, recht erfolgreich: Mexiko. China befindet sich in der Prüfung. Das "Vamos" steht allerdings noch aus.

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