Rupert Stadler hat schon zwei Jones-Day-Befragungen zur Dieselthematik mit weißer Weste verlassen. Mit dem KBA wurde der größte Teil der Antriebsvarianten bereits durchforstet. Für den Audi-Chef schien die Zeit gekommen, endlich wieder in die Offensive zu gehen. Voller Elan, klar fokussiert und sehr überzeugend. Nichts an ihm glich den Bildern eines nachdenklichen, zermürbten Automanagers. Mit Marc Lichtes frischem Schwung im Design, einem neuen, anpackenden Entwicklungschef Peter Mertens und einer großen Produktoffensive im Köcher konnte es für den Herrn der vier Ringe jetzt nur den für ihn typischen Ausruf geben: Attacke! Doch just in dieser Offensive zündete Alexander Dobrindt die Bombe, was er angeblich zuvor mit Konzernchef Matthias Müller besprochen hatte. Warum keiner der beiden Stadler informierte, wirft Fragen auf. Der Audi-Chef hatte offensichtlich keine Kenntnis von der beschlossenen Sprengung.
In jedem Fall ist Stadlers Offensive erst mal gestoppt. Nicht wenige meinen, dass es seine letzte für Audi war. Aber wäre es so überraschend, wenn die Forderungen nach seinem Rücktritt ebenfalls ins Leere liefen? Natürlich kann man im Kontext von Dieselgate an Stadlers unternehmerische Verantwortung appellieren, so zumindest die Ansicht eines Ex-Kollegen. Der Audi-Boss weiß aber auch, dass er bei den geltenden Grundsätzen der Unternehmensführung sowieso noch Jahre persönlich haftet, für vieles, das drei Ebenen unter ihm entschieden und gemacht wurde. Vor diesem Hintergrund spricht doch mehr für Stadlers Entscheidung, weiter Vollgas zu geben. Und vergessen wir nicht, dass eine Aufhebung seines neuen Fünfjahresvertrags für den VW-Konzern eine denkbar schlechte Option wäre. Denn nach dem Sturm der Entrüstung über die Abfindung der VW-Compliance-Vorständin müsste man im Falle Stadler eher mit einem Orkan am Mittellandkanal rechnen. Da wären dann auch VW-Konzernchef Müller und die Aufseher nicht vor Schaden gefeit. Von daher ist in Ingolstadt das altbewährte Mittel vielleicht doch das beste: Attacke!