Brüssel hat die Latte für Europas Autobauer höhergelegt: Von 2021 an müssen sie den Flottenausstoß auf im Schnitt 95Gramm je Kilometer drücken. Andernfalls drohen saftige Strafen. Die EU-Kommission stellt für jedes Gramm über dem Limit 95 Euro in Rechnung, und zwar für jedes im Jahr 2020 verkaufte Auto.
Welche Hersteller es besonders treffen wird, zeigt eine Prognose der Unternehmensberatung PA Consulting. Hartes Ergebnis: Nur vier von zwölf Herstellern sind auf der Zielgeraden (siehe Tabelle). Volvo, Toyota, Renault-Nissan und PSA haben konsequent auf Hybrid und Elektro umgestellt.Bei acht Herstellern wird es eng. Für Hyundai-Kia und Fiat Chrysler Automobiles (FCA) wird der SUV-Boom zum Boomerang. Denn die Geländelimousinen haben nicht nur hohe Margen, sondern auch einen ebensolchen Verbrauch. Von den deutschen Herstellern in der Untersuchung kommt Daimler am besten weg, klar besser als BMW. Für den VW-Konzern bleibt das herstellerspezifische Ziel über alle Marken hinweg noch außer Reichweite, auch wenn VW-Markenchef Herbert Diess und Konzernchef Matthias Müller Tempo machen und bis 2020 eine Million E-Autos verkaufen wollen. Sollten die Prognosen von PA Consulting eintreten, wird es teuer. FCA müsste mit mehr als 600 Millionen Euro Strafe rechnen, BMW mit 350 Millionen und Volkswagen mit mehr als einer Milliarde.Vier Musterschüler, viele Sitzenblieber
Doch etwas Zeit bleibt den Konzernen: „Jeder Hersteller kann das Steuer noch herumreißen – aber eben mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten“, sagt Thomas Göttle, Autoexperte bei PA Consulting. Demnach hat FCA den größten Nachholbedarf. „In der Motorenentwicklung liegt FCA gut zwei Entwicklungszyklen zurück“, sagt Göttle. Man könne fast von „steinzeitartiger Technologie“ sprechen. „Und es fehlt dasGeld, um in neue Motoren zu investieren.“
Für Hyundai-Kia und BMW sieht er gute Chancen, „die Kurve noch zu bekommen“. Die Koreaner bringen eine Reihe von E-Autos und Plug-in-Hybriden. BMW hat für seine Strategie „nach dem unglücklichen Start mit dem i3, der nicht bei den Kunden ankam“, so Göttle, ebenfalls Hybride angekündigt. Bis die reinen Stromer massentauglich werden, behelfen sich viele mit 48-Volt-Bordnetzen. Sie rechnen sich aber erst ab einem Fahrzeugpreis von 25.000 bis 30.000 Euro. Der Einkaufspreis für ein 48-Volt-Bordnetz liegt noch bei bis zu 1200 Euro. Auch andere Auswege sind teuer. Um bei den Motoren ein Gramm CO2 einzusparen, fallen laut Göttle 50 bis 60 Euro an. Mit Leichtbau ein Kilo Gewicht zu sparen kostet zwei bis acht Euro.
VW kann sich mit der E-Offensive dem Ziel von 96,3 Gramm CO2 je Kilometer noch nähern. Dass es Konzernchef Müller so weit kommen lässt, die CO2-Ziele zu verfehlen, glaubt Göttle nicht: „Eher wird man die Preise von E-Modellen senken und Verluste in Kauf nehmen, als diesen Imageverlust zu riskieren.“ Für den Experten wird es ab 2020 spannend: „Dann wird wohl Kostenparität zwischen Diesel- und Elektroautos herrschen.“ Sind Reichweite und Ladenetz zufriedenstellend, dürfte es für die Stromer kein Halten mehr geben.