Seit dem BGH-Urteil vom 25. Mai 2020 ist klar, dass VW auf Basis des Deliktsrechts – und nicht nur aus Gründen der Mangelgewährleistung – haftet, weil die Kunden bewusst getäuscht wurden. Am 30. Juli hat der BGH nun in vier Einzelfällen zur weiteren Rechtssicherheit beigetragen:
Im ersten Urteil (VI ZR 367/19) wird deutlich, dass die Grundsätze des Urteils vom 25. Mai auch dann gelten, wenn ein Software- Update aufgespielt wurde: Der Schaden des Kunden bestehe darin, dass VW ihn sittenwidrig dazu veranlasst habe, unter Verletzung seines wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts den Kaufvertrag abzuschließen. Dieser Schaden bleibe, auch wenn sich der Wert oder Zustand des Fahrzeugs verändert habe. Ein in der Sache nicht ganz verständliches Urteil, weil der Käufer, indem er das Software-Update vornehmen ließ, von seinem wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrecht Gebrauch gemacht hat.
Dagegen ist dem zweiten Urteil (VI ZR 5/20) zuzustimmen. Von einer arglistigen Täuschung könne man nach der Presseerklärung vom 22. September 2015 nicht mehr ausgehen, weil wesentliche Umstände, die vorher für eine Täuschung sprachen, weggefallen sind. Wer sein Fahrzeug also nach Herbst 2015 kaufte, geht leer aus.
Im dritten Urteil (VI ZR 397/ 19) macht der BGH deutlich, dass der getäuschte Kunde nicht zusätzlich noch sogenannte Deliktzinsen beanspruchen kann. Dies sei eine nicht gerechtfertigte Überkompensation.
Im vierten Urteil (VI ZR 354/19) schließlich wird deutlich, dass die vom Käufer gezogenen Nutzungen den Schadensersatzanspruch übersteigen können. Der VW-Kunde, der seinen Passat 255.000 Kilometer genutzt hatte und Schadensersatz verlangte, ging leer aus, weil die erwartete Gesamtlaufleistung nur 250.000 Kilometer betrug.
Von den noch anhängigen rund 50.000 Rechtsstreiten dürfte ein großer Teil aufgrund dieser BGHUrteile abschließend entschieden oder verglichen werden.
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