Mit Tyre24 und weiteren Webshops ist die Saitow AG eine Größe im Reifenhandel. Gründer Michael Saitow will unter neuem Namen völlig neue Geschäftsfelder erschließen.
Herr Saitow, Sie schreiben, dass jeder zweite Reifen in Deutschland über eines Ihrer Portale gehandelt wird. Wie kommt diese Zahl zustande?
Mit Tyre24 haben wir etwa 50 Prozent Marktanteil. Die Hälfte davon über das Label selbst, der Rest über viele White-Label-Lösungen bei Konzernen und Händlern. Insgesamt haben wir 4000 Onlineshops im Reifenbereich. Zusammen gibt das diese 50 Prozent.Wer ist dabei?
Wir haben eigentlich fast alle – ob große Autohersteller, Werkstattketten oder Händler. Insgesamt etwas mehr als 2000 Anbieter und 40.000 Händler in Europa. Wir selbst verkaufen nichts und werden das auch nie machen, sondern bringen nur Angebot und Nachfrage zusammen. Interessant wird das Angebot durch seine Größe. Wenn ich mich als Händler beim Einkauf verkalkuliert habe und 200 Reifen loswerden will, findet sich irgendwo in Europa schon jemand, der sie brauchen kann.Reifen-vor-Ort ist eine B2C-Plattform. Wie wichtig ist dieser Bereich?
Generell sind wir stark auf B2B fokussiert. Dass es Reifen-vor-Ort gibt, liegt daran, dass wir uns gedacht haben: „Warum soll eigentlich der Onlinehandel dem Fachhandel vor Ort das Geschäft wegnehmen und ihn zur Montagestation degradieren?“ Das ist, wie wenn ich ins Restaurant gehe und meine Flasche Wein selbst mitbringe. Bei uns verkaufen die Werkstätten die Reifen, die sie montieren, noch selbst. Spüren Sie Gegenwind für Ihr B2C-Geschäft Reifen-vor-Ort?Durchaus. Da kommt die Frage: „Warum zerstörst du unser Geschäft?“ Aber das mache ich ja gar nicht. Der Kunde entscheidet, wo er kauft, und wenn er lieber zum Autohaus geht, muss sich der Reifenhändler vielleicht fragen, ob er etwas falsch macht.Das Portal Autoreparaturen.de ist auch B2C. Wie entwickelt es sich?
Der Bereich ist relativ träge. Die Portale entwickeln sich nicht so schnell, wie viele gedacht haben. Auch unser Wachstum ist relativ schwach, auch weil die Technologie das Kundenbedürfnis noch nicht ausreichend befriedigt. Ich kann eben nicht sagen: „Mein Auto quietscht.“ Trotzdem glaube ich an das Konzept, das ist nur eine Frage der Zeit und besserer Technik.Im B2B-Bereich haben Sie gerade Verschleißteile hinzugefügt.
Ja, das funktioniert wie bei den Reifen auf Tyre24. Wir bringen die Partner zusammen, Verkauf und Lieferung ist deren Sache. Inklusive Lieferung am gleichen Tag. Wenn ich mir das aktuelle Wachstum so ansehe, glaube ich, dass wir da einen ähnlichen Anteil wie im Reifenbereich schaffen können. Aber der Ersatzteilemarkt ist achtmal so groß wie der für Reifen. Das wären – wenn man es in Relation zu einer Milliarde Umsatz bei Tyre24 setzt…Acht Milliarden, ja. Wo sind Sie jetzt?Keine Zahlen. Aber wir planen eine regelmäßige Verdopplung des Umsatzes in kurzer Zeit. Ist das Geschäft profitabel?Ja. Das ging sehr schnell.Welche Rolle spielt der Reifenhandel beim Teilegeschäft?
Wir haben in Deutschland – die White-Label-Lösungen eingerechnet – 30.000 Kunden. Vor allem Autohäuser und Werkstätten. Der Reifenhandel spielt da keine entscheidende Rolle mehr. Deswegen ändern wir im Januar 2018 auch den Namen des Portals.Auf?
Alzura.com. Die Landingpage gibtes schon. Wir sind inzwischen einfach viel mehr als nur der Reifenhandel. Beispielsweise wird Cyberport, ein Elektronik-Shop mit einer Milliarde Euro Umsatz, mit unserer Shop-Lösung betrieben.Warum Alzura?Ich lebe im Sommer in Spanien, und auf dem Weg zum Flughafen komme ich an Alzira vorbei. Wenn ich eine weltweite Marke gründen will, brauche ich einen Fantasienamen, an dem ich mir weltweit die Rechte und alle Domains sichern kann. Sie wollen weltweit wachsen?Ja. Zunächst weiter in Europa. Eine Gesellschaft in den USA haben wir schon vor einigen Jahren gegründet, aber da sind wir noch nicht tätig.Warum?
Wir haben auch nur 24 Stunden am Tag. Und es ist leichter, sich in angrenzende Länder auszudehnen, weil man dann beim Start des Marktplatzes von grenzüberschreitendem Handel profitieren kann. In den USA müssten wir dagegen als Nobody anfangen. Das wäre deutlich schwieriger.Bleibt Alzura auf den Autobereich konzentriert?
Nein, wir fassen dort alle B2B-Aktivitäten zusammen: Reifen, Tanken und Waschen, auch eine B2B-Plattform für den Autoverkauf, an der wir gerade arbeiten. Dann geht es weiter mit Werkzeug, Büroausstattung. Aber auch andere Branchen, wie B2B-Blumenhandel.Ist das sinnvoll?Fragen Sie Amazon, warum sie nicht bei Büchern geblieben sind.
Bis wann wollen Sie das schaffen?Ich denke, bis Ende des Jahrzehnts werden wir einen großen Teil davon umgesetzt haben.
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