Mit großer Erwartung habe ich für den Urlaub mein neues Statement-T-Shirt und meine Bermudas gepackt. Dazu meine uralten Adidas Rom und selbstverständlich hohe Socken. Passiert ist dann aber nichts, außer einer gestiegenen Laune. Kreativschub? Fehlanzeige.
Was doch eigentlich hätte passieren müssen, wenn man an die Effekte des Kulturwandels glaubt. Wie ich höre, versucht sich jetzt auch schon die Beratergilde daran, die Krawatte wegzulassen. Für den Automobilwoche Kongress schürt die Korrelation „Weniger Schlips, mehr Fachkompetenz“ bei mir gewisse Befürchtungen. Denn im Programm stehen sechs Topmanager mit Schlips und Kragen. Sechs tragen Anzug ohne Schlips, wovon einer eine Frau ist, und nur der Start-up-Investor aus dem Silicon Valley zeigt sich salopp. Dürfen wir also in Berlin nur einen richtig kreativen Vortrag erwarten? Jetzt aber Spaß beiseite.
Haben Sie dieses Jahr das Damen-Finale in Wimbledon gesehen? Dann haben Sie sicher eines bemerkt: Es war alles so wie früher. Der Rasen ist immer noch echt, die Netzpfosten sind aus Holz, der Schiedsrichter trägt feinen englischen Stoff mit Nadelstreifen und der Sponsor ist nicht etwa Apple, sondern Rolex, übrigens seit vier Jahrzehnten.
Und auf dem Court darf es nur eine Farbe geben: Weiß. Heerscharen von Beratern haben das Komitee des All England Lawn Tennis and Croquet Club über Jahre bedrängt, doch endlich rosa Söckchen oder bonbonfarbene T-Shirts zuzulassen. Selbst vor dem Vorschlag, den beiden Clubfarben Dunkelgrün und Lila die Patina zu nehmen, wurde nicht zurückgeschreckt. Abgeprallt ist all dies am Beharrungsvermögen an der Church Road. Und nur deshalb gibt es heute Tennisturniere – und es gibt Wimbledon.
Wer hier gewinnt, verschenkt seine anderen Pokale. Gewiss haben sich auch in Wimbledon ein paar Dinge verändert, wenn sie technologisch Sinn machten. Für Veränderung um der Veränderung willen gab es im Tennis-Mekka aber immer nur das bekannte „Warning!“ Ein klarer Ausruf, der in Zeiten des Wandels auch in der Autobranche hie und da durchaus angebracht sein könnte.
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