Spätestens seit dem Brexit-Referendum 2016 ist eines klar: Die Zahl derer, die noch mit Fairness verlieren können, nimmt ab. Viele Wahlverlierer würden am liebsten jede Abstimmung so lange wiederholen lassen, bis das gewünschte Ergebnis feststeht. Ähnlich ist das bei den aktuellen Vorgängen in Thüringen, welche die "Neue Zürcher Zeitung" so kommentiert: "Ist die Wahl in Thüringen ein Tabubruch, gar ein Skandal? Nein – das ist Demokratie." Am besten allerdings zeigt sich dies am Beispiel Tempo 130, zu dem der Antrag der Grünen im Bundestag erst im vergangen Oktober mit 126 Ja- zu 498 Neinstimmen krachend gescheitert ist. Schlechte Verlierer treten allerdings gerne nach. Wenn es sein muss, auch durch die Hintertür. Nur gut, dass der Bundesrat das damalige Votum jetzt bestätigte.
Und das, obwohl sich sogar der ADAC der neuen deutschen Welle "Ich falle um!" angeschlossen hat. Mit dem scheinheiligen Argument, man habe ja auch Radler zu vertreten. Wem bis heute entgangen ist, dass der ADAC die Interessen der Autofahrer nur noch halbherzig vertritt – denken Sie nur an die im Stich gelassenen Dieselfahrer –, der sollte sich spätestens jetzt die Frage stellen, ob er noch im richtigen Club ist. Jede E-Mail, die mich von Mobil in Deutschland e.V. erreicht – am vergangenen Freitag lautete sie "10 Gründe gegen ein Tempolimit" –, hat mehr kämpferische Verve für die Interessen der meisten Autofahrer als alles, was ich vom ADAC in meiner langen Mitgliedschaft erhalten habe.
Andere Automobilclubs haben auch verlässliche Pannendienste. Die Austrittswelle ist folglich gestartet. Würden nur zehn Prozent der 21 Millionen Mitglieder kündigen, wären die zusätzlichen Einnahmen des ADAC aus der jüngsten Beitragserhöhung um 12,1 Prozent Makulatur. Nur das würde helfen, den Verein zur Reflexion zu bringen. Übrigens, Kündiger haben noch einen weiteren Vorteil: Dem umweltbewussten Kraftfahrer bleiben in der eh nur noch quartalsweise erscheinenden "ADAC Motorwelt" die vielen Schweröl- und Feinstaublastigen Anzeigen für Schiffsreisen in die Karibik oder nach Norwegen erspart.
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